Sonntag, 20. Mai 2007

Übergewicht


Zehn komma fünf Kilo
Originally uploaded by hobbes_ch.
Lautlos und gemein schnellt die rote Anzeige auf 91 Kilo hoch. Fragen rasen mir durch den Kopf. Habe ich zugenommen? Wie viel wiegt er denn nun? Was wird erst wenn ich meinen Trinkbag mit Wasser fülle?
Ich entledige mich meinem Pilgerrucksack und quäle die Waage nochmals. 80.5 Kilo. Das macht? Mehr als zehn? Kann ich Adam Riese nicht bestechen damit es etwas weniger wird? Vielleicht mit irgendwelchen mathematischen Unschärfe-Tricks?
Sämtliche Pilgerratgeber raten mir dringend dazu, nicht mehr als zehn Prozent meines Körpergewichtes als Gepäck mit auf den Jakobsweg zu nehmen. Bei mir wären das also – wenn wir Herrn Riese nochmals bemühen – acht Komma fünf Kilo. Mit Wasser versteht sich. Ich habe aber jetzt schon über zehn und mein Wasservorrat im Rucksack ist gleich Null. Und auf mehr verzichten kann ich nun wirklich nicht. Sogar Aurels Buch „Gehen“ hab ich aus Gewichtsgründen raus geschmissen (sorry Aurel!). Nun könnte ich höchstens noch eine der zwei Ersatzunterhosen weglassen aber das wäre dann wirklich eine Zumutung für meine Mitpilger.
Das einzige Zusatzgewicht das mir spontan noch in den Sinn kommt sind die Glückssteine, welche irgendwo in einer Innentasche rumdümpeln. Gregor lacht mich eh schon dauernd aus, weil ich mit einer halben Geröllhalde auf dem Rücken los pilgere. Aber ich habe halt meinen Göttikindern angeboten, Glückssteine für sie mitzutragen und nun kann ich wohl kaum kneifen. Ich hoffe das Glück das ihnen zuteil wird ist riesig, sonst muss ich mal ein ernstes Wort mit jemandem wechseln. Mit wem? Keine Ahnung, das ist ja auch so eine Frage die man auf dem Jakobsweg stellen darf. Dazu ist er ja da!

Nervös wie ein gedoptes Huhn murkse ich die letzten Sachen in meinen zum bersten vollgestopften Rucksack. Vor meinem geistigen Auge sehe ich den Rucksack kurz vor dem Einchecken explodieren. All meine sorgsam ausgesuchten Pilgersachen fliegen mir um die Ohren und durch die Checkin-Halle. Überall flattern Federn meines Daunenschlafsacks. Das Flughafenpersonal schreit mich an, aber ich höre es nicht. Ich stehe in den flatternden Daunen und verfolge in Zeitlupe wie meine Kamera am Boden zerschellt. Und doch ist es ganz still. Nur ich, die Federn und die Katastrophe.
Ich schrecke hoch und erwache aus meinem Tagtraum. Ich sollte mir vielleicht einfach nicht mehr ganz so viele Gedanken machen und mich etwas beruhigen. Aber ist doch wahr. Ich war noch nie so lange auf Reisen und schon gar nicht zu Fuss. Wer läuft schon 800 Kilometer zu Fuss (ausser natürlich HP Kerkeling, aber das ist ja eh auch nur so ein Spinner und Komiker noch dazu... das zählt also kaum).

800 Kilometer ist etwa die Distanz von hier nach Prag. Das ist ziemlich weit! Stelle ich mir jedenfalls vor. Ich bin ja auch noch nie in die Tschechische Republik gelaufen, kann das also nicht wirklich als Experte beurteilen. Es ist auf jeden Fall weiter als nach Delémont und bedeutend weiter als es sich meine Füsse im Moment vorstellen können.

Während sich noch meine Füsse lautstark und präventiv bei mir für die bevorstehenden Strapazen beschweren, kommt mir die gestrige Weltreiseparty in den Sinn. Es war schön und tröstlich all meine Freunde nochmals um mich zu haben, vor diesem grossen Schritt. Ich werde Euch vermissen! Und ich hoffe insgeheim, dass es mir niemand übel nimmt, wenn ich nun mal sechs Wochen verdufte und „offline“ bleibe.
„Ich bin jetzt auch mal weg“ und begnüge mich erst mal mit einer ganz anderen Gesellschaft: Meinem über gewichtigen Rucksack und meinen quängeligen Füssen. Nicht ganz das selbe, aber was sollst. Jeder ist seiner eigenen Blasen Schmied.

Bis bald Ihr Lieben, ich dampfe nun los!

Montag, 14. Mai 2007

Gurgelnde Hochzeitsnacht

Gurgelnd verschluckt sich der Ablauf zum vierten mal. Beim ersten Geräusch habe ich mir noch keine Sorgen gemacht. Nachdem das Lavabo nun aber weiter mit röhrendem Blubbern auf akute Verdauungsstörungen hinweist, frage ich mich doch, was in den Innereien dieses Hotels haust.

Ich will schlafen! Die Hochzeit meines Schwesterchens Corina hat mich ganz schön geschlaucht. Ein wunderschöner Tag, nachdem man gerne ins Reich der Träume verduftet und die mannigfaltigen Eindrücken Revue passieren lässt. Mit Revue passieren lassen ist aber nichts im Hotel Schwanen in Stein am Rhein. Der Abfluss des einzigen sanitären Objekts in meinem Hotelzimmer führt weiter sein Solo-Hörspiel auf und stört sich nicht am Desinteresse des Publikums. Unterstützt wird er dabei von einem lallend singenden Gast, der einen Stock tiefer um ein Uhr morgens seinen übermässigen Alkoholkonsum akustisch untermauert. Insgeheim hoffe ich, dass mein Vater, welcher im Nachbarzimmer liegt und des nachts leicht zu stören ist, dem ungewollten Ständchen zu einem abrupten Ende verhilft. Aber leider verfügt er ausgerechnet heute über einen ausgezeichneten Schlaf und verweigert mir so beharrlich jede Schützenhilfe.

Hotel des grossen Staunens

Dieses Hotel ist der Hammer! Vermutlich ist es das absolut einzige Hotel der Schweiz, in welchem man die Schuhe am Eingang ausziehen und in grell grüne, gelbe oder rosarote Plüschfinken schlüpfen muss. Selbst meine achzigjährige Tante muss sich nun also in rutschigen Plüschfinken die Holztreppe hinaufschleppen. Im Zimmer erwartet mich dann, als Wiedergutmachung quasi, eine unverpackte Schoko-Waffel auf dem Bett. Zum Glück muss ich mich hygienisch ja immer noch auf Indien einstellen und nehme die Waffel also dankbar an.

Leider tröstet diese süsse Aufmerksamkeit auch nicht darüber weg, dass ich in einem 80-Franken Zimmer eigentlich eine Dusche und eine Toilette erwarte. Beides war auf der schriftlichen Bestätigung deutlich ersichtlich und ist nun genauso deutlich nicht existent. Ich suche im Zimmer nach weiteren Überraschungen und finde: Eine Kinderkrippe. Ja genau, das ist der Gegenstand, den ich für einen gesunden Schlaf benötige! Da überhört man doch gerne auch grölende Gäste und gurgelnde Lavabos.

Maxi-Mahl
Am nächsten Morgen erwache ich viel zu früh, weil mir die Sonne gnadenlos auf die Birne brennt. Leider hat das osteuropäische Hotelier-Pärchen vergessen, bei der Rennovation des Hotels Vorhänge einzuplanen. Vermutlich genauso wie Duschen, Toiletten, Seife und eine Hausordnung.

Ich setze mich also kurz danach etwas müde an den Frühstückstisch und warte vor gedeckter Tafel auf meine Verwandten. Glücklicherweise taucht nach kurzer Zeit meine Tante auf und wir beschliessen gemeinsam, uns über die leckeren Sachen her zu machen. Nach einigen Broten und einer Tasse Kaffee erklärt uns der Wirt, dass leider nur zwei Brotscheiben, ein Glas O-Saft und ein Kaffee im Preis inbegriffen sind. Werter Herr! Ich habe die halbe Nacht mit einem gurgelnden Lavabo, einem mies singenden Gast und einer Kinderkrippe verbracht! Um mich einigermassen in einen vernünftigen Zustand zu dirigieren sind mindestens drei Kaffees und etliche Scheiben Brot nötig. Ich bin aber zu feige um dies aufs Parkett zu bringe und verfalle daher lieber in einen zynischen Sarkasmus. „Wenn wir diese zwei Trauben nicht essen, können wir sie vielleicht gegen eine Scheibe Brot und einen halben Kaffee eintauschen“ schlage ich meiner Tante vor.

Meine Mutter welche inzwischen auch zu uns gestossen ist, erzählt derweil, dass die Badewanne in ihrem Zimmer auf Stahlfüssen direkt auf dem ungeschützten Parkettboden steht. „Aha“, denke ich mir. Es gibt also doch Badewannen in diesem Hotel. Und wozu um alles in der Welt haben wir eigentlich diese Plüschfinken getragen?




Donnerstag, 3. Mai 2007

Reduktion


Moleskine
Originally uploaded by hobbes_ch.
Ich reduziere weiter. Seit drei Tagen bin ich nun ohne Auto und es geht ganz gut. Aber darüber wollte ich eigentlich gar nicht schreiben sondern über die interessante Welt die sich auftut, während ich immer mehr reduziere. Dabei meine ich ganz verschiedene Aspekte der Reduktion. Allen voran natürlich die materielle. Habt ihr Euch schon einmal überlegt, wie viele Sachen ihr eigentlich besitzt? Stellt Euch vor, ihr müsstet all eure Besitztümer nur mit Muskelkraft zehn Kilometer weit tragen. Plötzlich werden all die geliebten Dinge zur Last und man fängt gezwungenermassen an zu reduzieren. Brauche ich das wirklich, wann habe ich dies zum letzten mal getragen, jenes werde ich ja eh nie mehr lesen und so weiter. Wir sind halt Jäger und Sammler und unsere gesellschaftliche Position definiert sich zu einem nicht unwesentlichen Teil über unsere „gesammelten Schätze“. Ich bin was ich besitze. Mein Haus, mein Auto, mein Boot.

Weniger ist mehr
Inzwischen schrumpfen die Dinge um mich herum nach und nach zusammen. Das kommt mir lustigerweise aber gar nicht so vor. Die Dinge die bleiben gewinnen einfach mehr an Gewicht, während mir gleichzeitig viel mehr Raum zum Nachdenken bleibt. Weniger ist also mehr.

Mein kleines Moleskine Notizbüchlein zum Beispiel. Ein winziges Ding, welches mir aber unglaublich ans Herz gewachsen ist. Wenn ich es nicht dabei habe, werde ich nervös und fühle mich nackt. Es enthält meine täglichen Notizen und in einem kleinen Fach im Deckel ein paar persönliche Sachen. Eigentlich etwas banales aber dieses winzige Ding bedeutet mir vielleicht gleich viel wie anderen Leuten ihr Auto. Und so geht es mir mit vielen kleinen Sachen die nach der Reduktion übrig geblieben sind.

Eigentlich ist es ja auch nur logisch, dass unsere chronische Besitztumssucht nicht gesund ist. Wie soll mein Hirn denn bitteschön nachdenken können, wenn es nur damit beschäftigt ist, mich an alles zu erinnern was ich vielleicht gerade liegen, brennen, stehen oder offen gelassen habe. Wie kann ich wirklich frei werden, wenn mein angestrebtes Ideal darin besteht, immer mehr, immer neues, immer schnelleres, immer besseres zu besitzen? Ich setze meine persönlichen Ressourcen zu einem grossen Teil dafür ein, meine mir aufdoktrinierte Besitzeslust zu befriedigen. Nebenbei beute ich dabei ja auch viele Ressourcen dieser Erde aus, was ich mit der Absolution der „Bezahlung“ gleich wieder verdränge. Muss ich das? Bin ich ein schlechter Mensch wenn ich es nicht tue? Vernichte ich Arbeitsplätze? Schmälere ich den Lohn von Herrn Brabeck oder Vasella? Muss ich mir darüber Gedanken machen?

Ein Experiment: Schreibt Euch mal auf, an was ihr alles denken müsst nur Eurer Besitztümer oder Neuanschaffungen wegen. Das fällt alles weg, wenn man nur genug reduziert. Natürlich übertreibe ich masslos und habe auch leicht reden, so ohne Familie und ohne Bindung. Ich brauche in meiner Situation ja auch nicht viel, das stimmt. Aber die Erfahrung der materiellen Reduktion ist wirklich spannend.

Nach einer gewissen Zeit stellte sich bei mir ein ausgesprochenes Gefühl der Leichtigkeit und Freiheit ein. Das Bewusstsein, dass ich in wenigen Minuten alle meine Siebensachen in den Rucksack packen und mich vom Acker machen kann ist einmalig. So ganz nebenbei: Ein paar hämische Zeitgenossen in diesem Hause lachen sich beim Lesen dieser Zeilen vermutlich gerade einen Bruch. Sie wissen leider allzu genau, dass ich selbst mit meinen Siebensachen noch ein grosses Chaos veranstalten kann und mehr als „ein paar Minuten“ zum Packen bräuchte. Ausserdem ginge trotz aller Reduktion noch lange nicht alles in einen Rucksack, aber wen interessiert das schon.


Tun durch nichts tun
Mal einfach nichts zu tun ist auch so ne Sache. Ich habe es ja schon in früheren Einträgen beschrieben, muss aber einfach nochmals darauf zurück kommen. Wir werden von klein auf darauf getrimmt, ständig produktiv zu sein. Mal doch mal was, Jobbe in deinen Ferien, mäh den Rasen, studiere, mach Karriere. Arbeit, Freizeit, Studium – immer das gleiche. Wenn ich also einfach nur rum sitze und meinen Gedanken freien Lauf lasse ist dies de facto unproduktiv, gleich böse, verboten, ganz schlimm! Ständig muss ich irgend was tun um nicht in das gesellschaftliche Raster der unproduktiven Schmarotzer zu fallen. Jedenfalls gaukelt mir mein Verstand das vor.

Seit kurzem zwinge ich mich aber immer mal wieder zum Nichts-tun. Ich presse mich mental auf die Matte und schnalle mich dort gedanklich für ein paar Minuten fest. Es ist wirklich nicht einfach und sehr gewöhnungsbedürftig. Gleichzeitig merke ich aber auch, wie viel es mir bringt. Plötzlich entsteht Raum für ganz neue Gedanken. Ideen. Bilder. Die Leerlauf-Prozessorzeit wird genutzt! Mein Unterbewusstsein saugt die freie Denkkapazität gierig auf und knetet sich etwas sinnvolles zurecht. Erst durch das nichts tun erhält es dazu die Gelegenheit. Und es tut genau das richtige und spukt mir irgendwann ungefragt das Resultat entgegen. Ist doch praktisch, oder? Ist das nun unproduktiv?

Dienstag, 1. Mai 2007

E-Tickets in Ägypten


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Originally uploaded by hobbes_ch.

27 25 20.70 N, 33 40 20.40 E

Gleich vorweg: E-Tickets sind nicht kompatibel mit Ägypten. Ich weiss nicht, ob E-Tickets nur in Ländern bis 30 Grad funktionieren, in Ägypten tun sie es jedenfalls nicht. Um die Sachlage etwas in ein objektiveres Licht zu rücken: Vielleicht hätte es ja geholfen, wenn ich gewusst hätte, welchen Flug wir gebucht hatten. Das hatte ich mir zwar fein säuberlich notiert, den Zettel dann aber genauso gewissenhaft zu Hause liegen lassen. Na toll! Guter Start!

Meine Vergesslichkeit veranlasst einen in Anzug und Krawatte gekleideten Schalter-beamten in Kairo dazu, Simi und mich ständig nach einem „Plan“ zu fragen. Keine Ahnung was er mit „Plan“ meint und so strecken wir ihm einfach alle Zettel hin, die der Rucksack in der Verzweiflung hergibt. Ach wie schön war doch die Zeit, als man noch ein ordentliches Scheck-Büchlein mit allen Flug-Tickets vom Reiseunternehmen erhalten hat. Simi erläutert dann irgendwann nur genervt: „We have the plan to make holidays!“.

Schliesslich haben wir es doch noch geschafft. Nach drei Stunden Fahrt an den Frankfurter Flughafen, vier Stunden Flug nach Kairo, Gepäck abholen, einchecken, Gepäck aufgeben, zwei Stunden warten, knapp eine Stunde Flug nach Hurghada und einer halben Stunde Fahrt ins Hotel (nicht das, welches wir gebucht hatten!) – sind wir endlich da. Was für ein Maraton für eine einzige Woche Ferien in Ägypten.

Hotel der Mücken
El Gouna begrüsst uns mit kühlen 27 Grad und einer Menge Mücken. Seit wann hat es denn Mücken in Ägypten? Wo sollen diese Biester hier denn bitte brüten? In der Wüste? In den Pyramiden?? Die Viecher die also eigentlich gar nicht vorkommen dürften, demonstrieren uns ihre Existenz mit unermüdlichen Luftangriffen und halten mich die ganze erste Nacht wach. Zum Glück habe ich auf meiner Materialliste den Posten „Mückenstecker“ zu Hause vorsorglich gestrichen. Es kann in Ägypten keine Mücken geben! Weil es sie dann doch gibt, erwischt mich Simi mehrmals in der Nacht, wie ich in Karatestellung wach im Bett liege und einen insektoiden Massenmord zu begehen versuche. Ich bin zwar äusserst pazifistisch, aber in dieser Nacht töte ich Euch alle! Und wenn es das letzte ist was ich tue und dafür auch noch in die Hölle fahre!

Am Riff
Pose und fast ersoffenDer erwartete komatöse Schlaf blieb die ganze Nacht aus, auch wenn er meinem Zustand nach der Marathon-Anreise durchaus entsprochen hätte. Die Mücken blieben siegreich.

Macht nichts. Das Meer bringt uns sicher wieder auf andere Gedanken. Simi und ich fahren zu einem nahe gelegenen Sandstrand mit einem schönen Riff. Wir bestellen uns dazu ein Tocktock. Das Tocktock könnte mit seinen drei Rädern und dem typischen Vespa-Sound glatt einem Luis de Funes Film entsprungen sein. Der dunkelhäuitige Fahrer passt da aber nicht ganz in die Szene, macht dieses Manko jedoch mit seinem halsbrecherischen Fahrstil wieder wett.

Knapp überleben wir die rasante Fahrt und stürzen uns bald darauf ins warme Meer. Warm hatte ich es jedenfalls in Erinnerung. Leider scheint das Meer dies vergessen zu haben. Das Wasser ist kalt! Zu kalt auf jeden Fall um lange schnorcheln zu gehen. Ich frage mich, ob die Klimaerwärmung einen Gegenpol braucht und daher alle Meere einfach ein paar Grad abkühlen liess. Es könnte ja sein, dass ähnlich dem Energieerhaltungssatz die Gesamt-menge an Wärme der Erde immer gleich sein muss. Wenn die Luft dann zu warm ist, ist das Meer halt einfach kälter. Ist doch ganz logisch, oder? Dem Meer ist das egal und kühlt uns weiter auf wenig ferienmässige Temperaturen herunter.

Nesselsack

Dafür ist die Unterwasserwelt umso schöner. Das Rote Meer begrüsst uns mit einem verschwenderischen Teppich aus Farben, Formen und Getier. Von ausserirdisch anmutenden Quallen über fast unnatürlich farbige Fische bis zu bizarren Seegurken kreucht und fleucht es um uns rum. Fast die ganze Starbesetzung von Nemo scheint hier eine Party zu feiern und wir sind als VIP-Gäste mitten drin. Wir geniessen den ersten Tauchgang bis unsere Körper uns schlotternd zu verstehen geben, dass dies weder unser natürliches Element noch unsere Wohlfühl-Temperatur ist und uns zurück an den Strand spuckt.

Simi und die Ägypter
Simi und die Ägypter - zum zweitenSimi ist ein unfreiwilliges Talent! Mit ihrer hellen Haut scheint sie wie eine Leuchtboje mit der Aufschrift „verkauf mir was“ am Strand zu liegen. Das nutzen die netten und geschäftstüchtigen Ägypter gerne und bieten ihr alle fünf Minuten etwas neues an. Kamelreiten, Schnorchelfahrten, Pyramidenbesichtigungen, Massagen und was weiss ich noch was alles möchten sie ihr nahe bringen. Nicht ein einziges mal werde ICH in der Zeit angesprochen. Ich sehe wohl einfach zu unnahbar oder schlicht zu arm aus.

Simi unterhält sich jedoch immer ganz nett, freundlich und vor allem lange mit den tüchtigen Verkäufern. Dadurch kommen sie auch immer und immer wieder und so haben wir laufend Gesellschaft.

Wir beschliessen dann endlich doch auf eines der Angebote einzugehen und uns einen Schnorchelausflug mit einem Boot zu gönnen. Delfine, einsame Inseln und natürlich wunderschöne Riffe verspricht man uns. Wir glauben kein Wort davon, schauen der Sache jedoch gespannt und freudig entgegen. Schliesslich ist so eine kleine Bootstour an sich auch schon ganz nett. Später wird sich zu unserem grossen Erstaunen jedoch zeigen, dass sämtliche Versprechungen tatsächlich wahr waren! Wer hätte das gedacht. Manchmal sollte man seine Vorurteile einfach zur Seite legen und einfach glauben was einem erzählt wird, selbst wenn es noch so unmöglich klingt.

Schnorcheltrip

Unglaublich! Der Schnorcheltrip übertrifft wirklich alle Erwartungen. Die angepriesenen Riffe sind noch schöner als in der Beschreibung und lassen keine Wünsche mehr offen. Gleich zu Beginn des Trips lernen wir Saskia und Remo kennen, ein aufgestelltes Deutsches Pärchen welches im gleichen Hotel wie wir einquartiert ist. Zusammen lachen und albern wir den ganzen Tag durch und geniessen die wunderschöne Über- und Unterwassergegend.

Bei einem Tauchgang muss ich mich schrecklich über einen Landesvertreter aufregen. Das ignorante Walross latscht mit seinen Flossen ignorant übers Korallenriff, als wäre es sein Wohnzimmerteppich. Ich kann es kaum glauben, ich dachte immer wir Schweizer hätten Manieren. Hier und jetzt, mitten im Roten Meer werde ich eines anderen belehrt und schäme mich für meine Volkszugehörigkeit!

Paralleltaucher in 70-Jahre Design

Zurück am Strand verabreden wir uns öfters mit Saskia und Reno und geniessen den Rest der Ferien in ähnlicher Manier. Wir knipsen fleissig Unterwasserbilder, spielen mit den (glücklicherweise) ungiftigen Quallen rum und albern abends zu Bier und Cola bis in die tiefe Nacht hinein und lassen es uns einfach gut gehen. Was für ein Auftakt meiner Zweijahresferien! Hoffentlich geht es weiter so.