Abenteuer Aeroflot
Wenn man billig von und nach Indien fliegen will, dann kann man das auch. Zuweil endet das halt in einem Abenteuer, wie beispielsweise meine Flüge mit der russischen Aeroflot. Zugegeben, ich hatte keine Ahnung, wie das ist, mit einer russischen Fluggesellschaft zu fliegen. Dementsprechend war ich offen für alles, solange ich nicht von der Maschine aus zehntausend Metern ausgespuckt Höhe ausgespuckt werde.
Bei meinem Rückflug in die Schweiz steige ich also interessiert in das russische Flugzeug. Das riesige Gefährt kann eigentlich nicht als solches bezeichnet werden. Es ist einfach zu gross zum fliegen. Ich habe mal was von einer Tupolev gelesen, einem ebenfalls russischen Flugzeug, das ganze Autos in seinem Bauch verschwinden lassen kann. Ein fliegender Mobby Dick. So ähnlich ist der Flieger in dem ich nun sitze. Die anderen Passagiere und ich verschwinden förmlich in der fliegen Halle. Ich zähle neun Sitzplätze pro Reihe! Dabei ist über die Hälfte nicht besetzt, was mir einen Liegesitz über drei Sitze verschafft. Die Decke ist so hoch wie in einer kommunistischen Versammlungshalle oder einem seltsam röhrenförmigen Kino. Nur läuft kein Film. Wieso auch, es fliegt sich ja auch so und die Akustik wäre eh nicht gerade blendend.
Die russischen Flugbegleiterinnen geben ziemlich klar zu verstehen, das mit Extrawünschen in diesem Flieger nicht viel zu wollen ist. In der fliegenden Halle sind die Passagiere ja auch kaum zu finden. Irgendwann findet eine unterkühlte Dame mich dann doch noch in einer einsamen Reihe und serviert mir ein mittelmässiges Dinner. Davon kriege ich jedoch schon nach kurzer Zeit Bauchschmerzen. Ausgerechnet ich, der grad sechs Wochen indische Esshygiene überlebt hat. Andere Länder, andere Bakterien.
Leider ist die fliegende Tennishalle nicht grad besonders schnell, vor allem nicht auf dem Moskauer Flughafen. Wir rollen etwas, stehen fünf Minuten rum, rollen wieder etwas weiter und stehen nochmals rum. Diese Tradition ist hier offensichtlich üblich, denn auch nach dem Verlassen des Monsters geht es nicht zügiger voran. Der Bus schliesst sich, rollt zehn Meter und steht dann auch nur rum. Ich schaue gehetzt auf die Uhr. Mein Anschlussflug geht in genau zehn Minuten. Das ist dann auch genau die Zeit, die ich im Bus weiter auf dem Rollfeld rumstehe.
Die Beamtendame am Transfer-Schalter bittet mich etwas abseits zu warten, als sie mein Ticket entgegen nimmt. Keine Entschuldigung, keine Erklärung, nur warten. Danach bedeutet sie mir mitzukommen und dirigiert mich durch den halben Flughafen. Na immer noch besser als irgendwo ohne Flug stehen gelassen zu werden denke ich mir und watschle ihr brav hinterher. Ein weiterer Schalter, eine weitere Dame, ein weiterer Flug. Allerdings nicht nach Zürich, sondern nach Hamburg. Und mit meinem Gepäck gibt es auch Probleme. Das wird vermutlich nicht rechtzeitig in Zürich ankommen, gibt man mir zu verstehen. Nicht so schlimm, entschliesse ich mich, dann wird mir halt jemand meinen Rucksack hinterher tragen müssen, hehe. Viel Spass!
Irgendwann bin ich dann auch tatsächlich in Hamburg und etwas später sogar in der Schweiz. Zwei Monate später sogar schon wieder im Flugzeug zurück nach Moskau. Diesmal zur Abwechslung in einer ganz normalen Linienmaschine und auch das Personal ist heute ganz nett. Ob das am Flugzeugtyp liegt? Vielleicht macht es ja einfach keinen Spass in einer fliegenden Tennishalle zu arbeiten.
Russische Toiletten-Tradition
Auf dem Flug von Moskau nach Delhi erhalte ich einen Sitzplatz mit direkter Sicht auf die Toilette. Zu Beginn ahne ich noch nicht, wie unterhaltsam so etwas sein kann. Kurz vor Abflug verschliesst eine Flugbegleiterin die Toilette mit einem Trick. Mit einem gewöhnlichen Plastikmesser schiebt sie das grüne Besetzt-Plättchen nach oben und schliesst so die Toilette von aussen. Nachdem wir unsere Flughöhe erreicht haben, versucht sie mit dem umgekehrten Trick die Toilette wieder aufzuschliessen. Leider hat sie nicht bemerkt, das dies schon von ihrer Kollegin erledigt wurde und inzwischen bereits ein Inder auf der Schüssel sitzt. Von aussen müht sie sich sichtlich genervt mit dem Plättchen ab. Von innen scheint der Inder dem Treiben entsetzt entgegenzuwirken und den Verschlussmechanismus zu blockieren. So mühen sich beide einige Zeit ab und haben wohl auch ähnliche Gedankengänge wie zum Beispiel „das kann doch nicht sein!“,„so ein Scheiss“ oder ähnlich. Nachdem ich breit grinsend dem amüsanten Theater eine Zeitlang zugeschaut habe, erkläre ich der russischen Dame, dass sie besser einfach warten soll bis der Inder wieder rauskomme, was sie unter peinlich berührtem Gekicher zu einem spontanen Gesichtsfarbwechsel in Richtung rot animiert.
Es sind etwa drei Stunden vergangen und die meisten Fluggäste nutzen den nächtlichen Flug um mehr oder weniger Schlaf vor oder nachzuholen. Jedoch nicht ganz alle Fluggäste. Einerseits wäre da der Fluggast aus der Schweiz, der einfach kein Auge zukriegt und sich dem idyllischen Ausblick auf die Toilette ergibt und andererseits ist da das junge russische Pärchen, welches plötzlich auf eben selbiger Toilette verschwindet. Gleichzeitig!
Ich versuche logische, eindeutig uneindeutige Erklärungen für das eben gesehene zu finden und nicht mehr ganz so deutlich auf die Türe des Häusschens zu starren. Das kann doch nicht sein! Das ist doch sicher nicht, was es zu sein scheint, oder etwa doch? Irgendwann beschliesse ich dann doch nicht prüder zu denken als ich in Wirklichkeit bin und einfach hinzunehmen, dass das da grad ist was es halt ist. Es wird durch gelegentliches Verbiegen der Toilettentür dann auch sanft unterstrichen.
Natürlich nehme ich davon nur ganz am Rande Notiz, nicht das ich sowas extra auch noch beobachten würde! Schliesslich will ich ja nicht als Spanner gelten! Mein Blickfeld ist halt nur sehr eingeschränkt und die Toilettentür füllt einen Grossteil davon aus. Ich werde also quasi zum Spannen gezwungen. Gut, ich sehe ja eigentlich nichts, sage ich mir und kann mich damit beruhigen. Dann zweifle ich aber gleich wieder daran, weil ich mir ja „vorstelle“ was die beiden da drin grad treibe und somit eine indirekte Form des Spannens betreibe. Plötzlich habe ich eine brillante Idee und krame die Augenbinde hervor, welche mir die Flugbegleiterin zu Beginn des Fluges ausgehändigt hatte. Damit lassen sich sämtliche sich verbiegenden Türen hervorragend abschirmen. Ahh ja, das ist gut. Dunkelheit, diskrete Dunkelheit!
Gedanklich hilft die Maske jedoch gar nichts und so ziehe ich sie mir nach kurzer Zeit wieder aus. Ich will ja aus rein statistischen Gründen auch wissen, wann die zwei wieder heraus kommen. Es sind etwa zehn Minuten. Beschliesse ich. Denn zu messen habe ich das nun wirklich nicht gewagt. Alles hat seine Grenzen! Die beiden sind sichtlich vergnügt und verschwinden ziemlich dynamisch wieder auf ihren Plätzen. Ich grinse nur in mich hinein und tue so, als hätte ich gar nichts gesehen. Habe ich ja eigentlich auch nicht.
Dafür sehe ich umso deutlicher, dass sich das Schauspiel eine halbe Stunde später wiederholt. Das gibt's doch nicht! So eine Frechheit! Doch diesmal wird es spannend. Eine dicke Inderin versucht auf die Toilette zu kommen und ich war mir diesmal nicht ganz sicher, ob das Pärchen die Türe richtig verschlossen hat. Insgeheim hoffe ich natürlich, das dem nicht der Fall ist! Schliesslich ist man ja ein klein wenig Sadist. Rein aus unterhaltungstechnischen Gründen versteht sich. Die Inderin hebelt an der Türe rum, kriegt sie jedoch nicht auf. Dann entdeckt sie, das auf der anderen Seite auch eine Toilette ist und gibt sich mit dieser zufrieden. Zwei Minuten später stürmt das Pärchen aus der Toilette, scheint jedoch trotz Toilettus Interruptus nicht weniger vergnügt als beim letzten mal. Zwei mal in dieser kurzen Zeit und erst noch auf der Flugzeugtoilette! Alle Achtung!
Was sagt uns diese Geschichte? In Russland scheint ein akuter Bettenmangel zu herrschen und die prüden Inderinnen wollen anscheinend unbedingt zuschauen, wenn endlich mal jemand etwas in Richtung angewandte Vermehrung demonstriert.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen