Mittwoch, 30. Juli 2008

Sturm

Ihr fragt mich heut
wie es mir geht
wie kann ich euch das sagen
fragt statt des Boots
das sich bewegt
die Wellen die es tragen
durch diesen Sturm
der mächtig tobt
mit Feuer, Wind
und Wasser lobt
das Leben zu erfahren

Doch wahrlich
was ich sagen kann
im Strudel der Gezeiten
es kümmert nicht
das schmerzlich Bann
das trübt
die neuen Weiten
die Wolken werden
sich verziehn
vom Horizont
der nur gelihn
vom Licht
das sie begleiten

Sonntag, 27. Juli 2008

Back to Switzerland

Das gute an Weltreisen ist, das man sie nach Lust und Laune unterbrechen kann und dann trotzdem noch Ferien hat. Und das gute an der Schweiz ist, das es hier Kühe nicht heilig sind und ich drum umso mehr davon verspeise. Wenigstens jetzt gerade, während meines Zwischenhalts in der Schweiz. Bis am 9. September geniesse ich erst einmal den heimischen Sommer und fliege dann wieder zurück nach Delhi, um kurze Zeit später in den Himalaya einzutauchen.

Freitag, 18. Juli 2008

:'o(

... traurig ...

Mittwoch, 16. Juli 2008

Drachen über Delhi


Drachen ueber Delhi
Originally uploaded by hobbes_ch
Die Luft ist heiss. Versteckt sich hinter einem stetigen Wind der über die Dächer von Delhi streicht und die Ausdünstungen der Grossstadt in sich trägt. Schwanger mit Millionen Düften und Gerüchen, die einem gleichzeitig die Sinne rauben und fasziniert schnuppern lassen. Man kann eine Stadt am besten an ihrem Geruch erkennen. Jeder einzelne Bewohner der Stadt findet sich darin wieder.

Es ist früher Abend. Die Sonne steht tief und taucht die Dächer in ein freundliches Licht. Sie haben die Härte verloren, die ihnen Tagsüber das unbarmherzige Gleissen der Sonne aufzwingt. Die Häuser wirken unfertig. Als sei die ganze Stadt noch im Aufbau. Werde nie fertig. Strebe ständig höher. Wie Pflanzen die der Sonne entgegen ranken. Im ständigen Kampf untereinander.

Mein Blick schweift langsam über die Dächer. Gegen den Ostwind. Bleibt an einem Punkt hängen. Erst halte ich es für ein Stück Papier, das vom warmen Wind gepackt wurde. Wie ein zappelnder Fisch. Immer wieder auf und ab trudelt. Zu entkommen versucht.

Ich erkenne das es ein Papierdrachen ist. Und er ist nicht der einzige. Duzende, wenn nicht hunderte davon tanzen über den Dächern. Manche nur wenige Meter hoch in der Luft. Als lernen sie erst grad fliegen. Andere hoch oben und einer, ein schwarzer, verschwindet sogar fast im Himmel. Klettert immer höher. Versucht aus dem Smog zu tauchen.

Etwas haben sie alle gemeinsam, diese Schmetterlinge der Dächer. Sie sind fröhlich und erfreuen das Auge. Die ganze Stadt erhält durch sie einen anderen Touch. Verspielt, freundlich, über sich selber lachend. Nicht das konservative, strenge Gesicht einer normalen Hauptstadt. Delhi hat sich verkleidet und weiss es nicht einmal.

Ich beobachte die tanzenden Drachen. Jeder Drache gehört einem Kind, das ihn von seinem Dach aus steuert. Jedes auf seine Art, so wie die Drachen auch jeder anders sind. Und doch sind sie alle miteinander verbunden. Denn es gibt nur einen Himmel über der Stadt, welcher nun ihnen gehört. Den Drachen und den Kindern. Der Himmel über Delhi ist ein einziger grosser Spielplatz seiner Kinder. Für ein paar Stunden bis es dunkel wird rebellieren die Kinder still und fröhlich gegen die Anonymität der Grossstadt. Recken ihre luftigen Hände in die Höhe und winken sich zu. Sie winken auch mir zu, der ich hier oben auf dem Dach stehe. Grinsend und zufrieden zurück winke. Fliegt, ihr Drachen von Delhi, fliegt.

Montag, 14. Juli 2008

Durch den Hexenkessel nach Delhi


Hektik am Abend
Originally uploaded by hobbes_ch
Eigentlich wollte ich ja den Zug nehmen, wie ich es sonst auch immer tue. Nur war das diesmal etwas schwierig. Sogar trotz intensiver Nutzung des Internets! Es gab nicht unbedingt grad viele Züge die nach Delhi fahren, wo ich ja hin muss denn von da geht mein Flug in die Schweiz. Was ich schon wieder in der Schweiz will? An eine Hochzeit! Und Fischstäbchen mit Mayonnaise essen, auf die ich mich schon so lange freue. Und danach dann wieder zurück nach Delhi.
Aber zurück zu den indischen Zügen, die mich im Moment ziemlich unbarmherzig von meinen Fischstäbchen trennen. Ich finde heraus, das es vier Züge gibt welche nach Delhi fahren. Zwei davon werden jeden Tag frischfröhlich gestrichen. Eine schlechte Wahl finde ich. Darauf bin ich auch schon reingefallen. Da steht man dann wie bestellt und nicht abgeholt am Bahnhof und schaut erst mal in die Röhre. Oder auf die Schiene, wo eben kein Zug steht.

Also einer der beiden verbliebenen Züge, die täglich fahren und einen zuverlässigen Eindruck machen. Einer scheint auch noch nicht so überbucht zu sein. Zwar sind keine Plätze mehr frei, aber ich komme mit Position Nummer sieben auf die Warteliste. Mit etwas Glück habe ich zwei Tagen das Ticket. Also buche ich den Zug, komme aber gar nicht erst so weit. Während dem Buchen sagt mir das liebe Programm, das mein Zug gar nicht nach Delhi fahre und ich bitte den Zielbahnhof aus der Liste auswählen soll. Aber den habe ich doch schon anfangs eingegeben. Eben Delhi, oder New Delhi, oder wie auch immer das da heisst. Aber keiner der mir bekannten Bahnhöfe ist in der angebotenen Liste. Auch ein Blick auf die Karte von Delhi bringt mich nicht weiter. Keiner der Zielorte hat irgend etwas mit Delhi zu tun. Ich bin überfordert und entschliesse mich den zweiten Zug zu probieren.

Alles nochmals von vorne. Doch diesmal gibt es sogar einen Bahnhof mit den Namen „New Delhi“ auf der Zugsroute. Das klingt doch ganz vernünftig und ich buche. Allerdings bin ich hier auf Wartelistenplatz Nummer dreizehn. Ermutigend! Aber ich bin ja nicht abergläubisch.
Einen Tag später dann aber schon, denn ich bin noch immer auf Platz dreizehn. Niemand streicht seine Reise und so wird mein mühsam gebuchtes Ticket einfach verfallen, wenn nicht noch ein Wunder passiert. Und auf Wunder will ich meinen Hochzeitsbesuch in der Schweiz nicht aufbauen. Also buche ich kurzentschlossen einen Flug. Der zweite Billiganbieter akzeptiert dann auch gnädigerweise meine Kreditkarte und ein paar Minuten später halte ich glücklich mein E-Ticket für Flug 831 nach Delhi in den Händen.

Zwei Tage später sitze ich noch glücklicher im genannten Flieger, verliere aber meine gute Laune gleich wieder, als der Pilot etwas von „little stormy“ durchgibt. Vermutlich habe ich ihn nur nicht richtig verstanden denke ich mir. Er ist schliesslich auch nur ein Inder und da kann schonmal das eine oder andere Missverständnis entstehen. Ich lehne mich also gemütlich zurück und wundere mich ein paar Minuten später über die hellen Leuchterscheinungen am Horizont. Als hätte die Stewardess meine Gedanken gelesen dimmt sie sogleich das Licht in der Kabine und nun kann ich es deutlich sehen. Der Himmel brennt. Ein Gewitter genau vor uns. Ping, das Anschnallzeichen erscheint. Ich will da nicht hin! Das heisst schon, aber nicht durch dieses Ding da draussen. Ich fange an zu schwitzen. Ich war noch nie mit einem Flieger in einem Gewitter. Geht denn sowas überhaupt? Darf man das denn? Ich meine, schliesslich beharren ja die netten Stewardessen sogar darauf das ich bei Start und Landung meinen iPod ausschalte. Irgendwie halte ich einen Blitz für bedrohlicher als mein iPod!

Ping, nochmals erscheint das Anschnallzeichen und die Stewardess verbietet das Verlassen des Sitzplatzes und die Benutzung der Toilette. Was hat denn das Gewitter mit der Toilette zu tun? Schlägt der Blitz etwa durch die Schüssel? Das Gewitter kommt näher. Mit achthundert Stundenkilometern und genau von vorne. Deutlich sieht man die Wolkentürme, wenn Zeus wieder einer seiner beängstigenden Attacken vollführt. Das Flugzeug beginnt zu schütteln. Mit feuchten Händen kralle ich mich an der Lehne fest. Und dann geschieht es. Genau auf Höhe des Flugzeugs, wenn auch einige hundert Meter entfernt, entlädt sich ein gewaltiger Blitz von Wolke zu Wolke. Ich warte das etwas passiert. Irgend etwas. Zum Beispiel dass das Triebwerk ausfällt oder in Brand gerät. Vielleicht sogar abfällt. Oder es irgendwo ein paar Funken gibt und Rauch austritt. Wie in den Filmen, wenn ein Gerät durchschlägt. Und dann würden natürlich diese gelben Sauerstoffmasken von der Decke fallen, die man aber wegen dem dichten Rauch gar nicht mehr finden könnte. Und die Stewardessen könnten auch das Feuer nicht löschen, welches durch die Funken entstanden wäre. Weil der Schlauch der Sauerstoffmasken viel zu kurz wäre und sie mit dem Feuerlöscher gar nicht bis zum Brandherd laufen könnten. Atmen und verbrennen oder löschen und ersticken. Arme Stewardessen!

Doch allen widrigen Erwartungen zum Trotz: Nichts passiert. Alles bleibt ruhig. Ich höre noch nicht mal einen Donner. Auch das Flugzeug fliegt inzwischen wieder ganz ruhig. Gespenstisch ruhig. Ich versuche wieder zu atmen und merke, das ich wohl bald erstickt wäre. Bevor das Flugzeug noch auf dem Boden zerschellt wäre.

Unter uns entfaltet das Gewitter sein ganze Macht. Wir scheinen gerade am Zentrum des Sturms vorbei zu fliegen. Schräg unter uns tobt ein irrsinniger Hexenkessel. In einem begrenzten Gebiet blitzt es unablässig. Als hätte die Wolken dort einen gewaltigen Kurzschluss der ständig überschlägt. So stelle ich mir die Entstehung des Lebens vor, denke ich mir. Ich sitze wie in einer Vergnügungsbahn in Disney-World, während unten ein unglaubliches Schauspiel abläuft. Dabei fliegen wir ruhig und ohne die geringsten Erschütterungen darüber hinweg. Mit offenem Mund klebe ich am und zwar bis wir sicher in Delhi gelandet sind. Erst dann kann ich glauben das wir soeben ein Gewitter durchflogen haben und schliesse meinen Mund wieder. Wie das allerdings fast ohne Turbulenzen möglich war werde ich wohl nie verstehen. Alles nur Show? War das grad echt?

Das Geschäft mit dem Paradies


21 03 16.1 N, 86 29 32.3 E
Für die Inder leben wir alle im Paradies. Einem unendlich schönen und unendlich reichen Paradies. Ganz im Gegensatz zu Indien. Wobei dies auch wieder nicht ganz stimmt. Da kommt den Indern dann der Nationalstolz in die Quere. Immer sehe ich mich mit der Frage konfrontiert: „How do you like India“. Ob da nun ein versteckter Minderwertigkeits-Komplex durchscheint oder ob sich in der Frage der Stolz einer Nation spiegelt, blieb mir bisher verschlossen. Ich dagegen bekräftige immer wieder, wie wunderschön doch dieses Land sei, all die verschiedenen Kulturen, traumhaften Gegenden und netten Menschen. Ich schwärme von der wunderbaren Landschaft um Hampi, dem eindrücklichen Wagenfest von Puri und den riesigen, wenn auch verregneten Stränden von Arambol. Dies zaubert regelmässig ein befriedigtes Lächeln in die Gesichter meiner indischen Gesprächspartner und doch folgt sogleich immer eine Anschlussfrage. Woher ich denn komme. Aus Genf oder Zürich. Es seien ja so schöne Städte mit riesigen Häusern und all die tollen Berge.

Die Schweiz ist den Indern einschlägig bekannt. Ihr Eindruck ist durch die zahllosen Bollywood -Filme geprägt, in denen die Schweiz als die Honeymoon-Destination bejubelt wird. Vermutlich wegen des kühlen Klimas. Bei den Schweizer Temperaturen schlägt das (unterdrückte) erotische Herz jeder Inderin und jedes Inders etwas höher. Da immer die gleichen Orte, nämlich Genf und Zürich, gezeigt werden, die eben in den Bergen liegen und wobei Zürich als Hauptstadt der Schweiz fungiert, ist dies auch das indische Bild der Schweiz. Und natürlich sind alle Schweizer Reich. Sehr reich. Ich werde auch immer nach meinem Einkommen gefragt und rede dabei regelmässig um den heissen Brei herum. Ich hätte ja gar kein Einkommen als Globetrotter und ausserdem wisse ich nicht wie viel das in Rupis sei. Und man könne das ja nicht so eins zu eins vergleichen. Ich bringe jetzt immer den erschreckenden Vergleich was ein Liter Mineralwasser in der Schweiz kostet. Etwa hundert Rupis. Dafür fährt man hier ein paar Hundert Kilometer mit dem Bus. Und das indische Wasser kostet nur einen Zehntel davon. Es entspringt allerdings auch nicht diesen wunderschönen Bergen die man in den Bollywood-Filmen immer wieder sieht.
Der junge Durchschnittsinder will also in die Schweiz. Und dann gleich bei mir wohnen. Ich hätte schon halb Indien in meiner nicht mehr existierenden Wohnung, währe ich auf all die Anfragen eingegangen. Da ist es dann sehr praktisch, eben gar nicht erst eine Wohnung zu haben, was eine dankbare und einleuchtende Erklärung ist, warum derzeit niemand aus Indien bei mir wohnen kann.

Mit der Zeit habe ich auch noch eine weitere Ebene dieser Scheinwelt gesehen, welche in Indien so populär ist. Mit der Vermittlung von Jobs im Ausland muss in Indien eine unglaubliche Menge Geld gemacht werden. Das fängt schon bei der Werbung im Fernsehen an, die allgegenwaertig ist. Karriere- und Jobplattformen aus aller Welt gaukeln da dem Inder vor, das genau er das fehlende Teil im Puzzle jeder westlichen Firma sei. Darauf aufbauend boomt das Ausbildungs-Geschäfts welches eine unendliche Bandbreite an In- und Auslandslehrgängen, vor allem im IT- und Netzwerk-Sektor, auf den Indischen Markt wirft. Abschlüsse aller Art werden hier per Internet angepriesen. Lehrgangsleitfäden können heruntergeladen werden und mit einem weiteren Klick erscheinen ein paar halbnackte Kalifornierinnen, die natürlich ebenfalls nur auf die Unterstützung aus Indien wartet.

Wenn man mit Indern spricht, die aber tatsächlich in der Schweiz leben und arbeiten sieht die Sache schon anders aus. Die kulturellen Unterschiede seien halt schon sehr gross und Kontakt zu einer Schweizerin herzustellen sei für einen Inder praktisch unmöglich. Ganz abgesehen davon, dass sie von den Eltern höchstwahrscheinlich nicht akzeptiert würde, falls sich tatsächlich eine Beziehung ergäbe. Denken doch viele indische Familien diesbezüglich noch sehr konservativ, sprich – geheiratet wird nur innerhalb der gleichen Kaste. Und mit den Jobs sei das auch nicht ganz so einfach, wie das in Indien immer angepriesen werde.

Trotz all dem hat fast jede reichere Grossfamilie heute irgendwo einen Verwandten in einem westlichen Land. Eigentlich müsste sich doch langsam herumsprechen, das die Realität in den westlichen Ländern manchmal etwas anders aussieht als es die Werbung es verspricht. Ja vielleicht ist dies sogar schon geschehen. Ich wurde erstaunlicherweise nie gross auf das Traumland USA angesprochen. Haben wir Schweizer die USA als beliebteste Zieldestination verdrängt? Ja, die USA sei nicht mehr sehr interessant für sie, erklärt mir ein junger Student auf einem Bahnhof von Bhadrakh, welches ebenfalls über eine Universität verfügt. Dann erklärt er mir wieso das so ist und ich verstehe kein Wort. Zu viel indischer Nasaldialekt für meine Ohren. Ich grinse und nicke nur freundlich, wie ich das in solchen Situationen immer zu tun pflege.
In „The Times of India“ lese ich etwas spaeter, das die USA immer noch das Hauptland für ein Auslandstudium sei, gefolgt von England und Deutschland. Die Schweiz ist gar nicht erwähnt. Wo liegt nun die Wahrheit? In Bollywood?
Vielleicht irgendwo dazwischen, denn auch der Times of India kann man nicht wirklich glauben, wird gemäss dem erwähnten Artikel doch in Deutschland immer noch mit Deutschmark bezahlt. Ausgerechnet im Euroland Deutschland!

Sonntag, 6. Juli 2008

Die meditierenden Fischer von Puri


Strand von Puri
Originally uploaded by hobbes_ch
Puris Strand hat einen kleinen Nachteil. Etwa zweihundert Meter vom Hotel entfernt münden sämtliche Abwässer der Kleinstadt als stinkende Kloake ins Meer. Diese mir etwas veraltet scheinende Entsorgungsmethode hat auch am Hotelstrand noch gewisse Nebenwirkungen, was meiner überschäumenden Badeeuphorie einen ebenfalls schäumenden Dämpfer verpasst. So mache ich mich denn auf die Suche nach Alternativen. Schliesslich ist die Indische Küste ja sehr umfangreich.

In freudiger Erwartung wandere ich in diametraler Richtung zur Kloake und erkenne auch alsbald eine deutliche Verbesserung der Wasserqualität. Am Ufer liegen zahlreiche hölzerne Fischerboote und dies gleich über einen stattlichen Strandabschnitt. Die lokale Fischerei hat sich offensichtlich gut entwickelt und beherrscht diesen Teil der Küste. Und noch etwas fällt mir auf und erstaunt mich doch sehr. In unregelmässigen Abständen kauern konzentrierte Fischer am Strand und warten meditierend auf die Flut. Das tiefreligiöse Verhalten der Fischer fasziniert mich und ich lächle ihnen beim Vorübergehen freundlich zu, ohne sie jedoch natürlich zu stark in ihrer Meditation stören zu wollen. Ihr konzentrierter und etwas starrer Blick zeigt mir auch alsbald, das sie keine Störung in der Meditation wünschen, was mich zu raschem Weitergehen bewegt. Der Strand fällt hier erst steil ab und verflacht sich gegen das Meer hin deutlich. Jetzt bei Ebbe ist er ziemlich breit und die Reihe am Rand meditierender Fischer gibt ein schönes Bild ab. Dazwischen spielen immer wieder Kinder und kommen mich strahlend und rufend entgegen.

Zwischen spielenden Kindern, meditierenden Fischern und Booten fällt mir noch etwas anderes auf. Leider kann auch hier der Strand nicht gerade als einladend bezeichnet werden. Jedenfalls nicht für potentielle Badegäste wie mich. Es ist fast wie am Arambol-Strand in Goa. Alle paar Meter deutet das pfündige und nicht gerade wohlriechende Überbleibsel eines Hundes auf eine sehr rege Verdauung des Tieres hin. Die Häufchen, und oft auch stattlichen Haufen, sind hier wirklich nicht zu übersehen und selbst als sehr wohlwollender Tourist mach der Strand einen relativ verschissenen Eindruck auf mich. Und doch gibt er mir gleichzeitig auch ein Rätsel auf. Ich habe auf der ganzen Strecke am Fischerdorf entlang bis jetzt nur einen einzigen Hund gesehen. Hunde sind hier lange nicht so zahlreich wie in Arambol. Wo kommen also alle diese Häufchen her?

Im gleichen Moment fällt es mir wie Schuppen von den Augen und das Rätsel des Strandes löst sich von selber. Die Häufchen stammen natürlich nicht von Hunden und die Fischer warten auch nicht meditativ auf die Flut. Es gibt ganz im Gegenteil einen direkten kausalen Zusammenhang zwischen Fischer und Häufchen und ich achte auf meinem etwas rascheren Weg zurück darauf, die kauernden Fischer nicht mehr ganz so grinsend oder noch besser gar nicht zu betrachten.

Samstag, 5. Juli 2008

Zu Rath Yatra in Puri


19 48 10.5N, 85 50 42.8 E

Einige Tage verbringe ich bei meinen neuen Freunden aus dem Arakku Tal in der beim zweiten Blick doch attraktiven Küstenstadt Visakhapnam. Es ist halt schon ein Unterschied, ob man von einem Reisebuch, oder einem lokalen Einwohner geführt wird. Im Fall von Visakhapnam eröffnet mir neuerlicher Besuch und die kundige Führung Praveens und Zacks, meiner Gastgeber, interessante Ausflugsziele, Restaurants, Strände und einen schönen Zoologischen Garten. Ausserdem macht die allumfassende Indische Gastfreundschaft das Erlebnis zu einem sehr preiswerten Ereignis, was mir zwar nirgends recht, aber hier so üblich ist. Und zwar mit Nachdruck, wie mir Praveen immer wieder zu verstehen gibt.
Bei den zahlreichen Unternehmungen ergeben sich auch immer wieder interessante Gespräche. Vor allem mit Zack, der mir ja schon das Geheimnis um „you can scroll“ lüften konnte. Bei einem Besuch seines Elternhauses erzählt er mir, als ältester Sohn sei er nun für seine Familie verantwortlich und nehme das auch sehr ernst. Wenn er nach Hause komme, hätten gefälligst alle zu Hause zu sein. Gestern sei sein Vater nicht rechtzeitig vom „Ausgang“ nach Hause gekommen, weshalb er ihn heute hätte bestrafen müssen. Er hätte ihm die Hälfte seines Geldes und seine Busfahrkarte aus der Brieftasche genommen, womit er ihm den heutigen Ausgang gestrichen hätte. Ich finde diese Tradition eigentlich eine ganz gute Idee und werde das alles bei Gelegenheit mal mit meinen Eltern besprechen. Schliesslich bin ICH ja dann nach Indischen Gepflogenheiten nun auch das Familienoberhaupt und da Mama sich mit ihrem Hang zu Ayurveda eh an Indischen Traditionen orientiert, sollte der Fall damit klar sein und Papa hat künftig auch zu Hause zu bleiben!

Schon wieder Indische Züge
Nach einigen Tagen will ich die Gastfreundschaft meiner neuen Freunde nicht weiter auf die Probe stellen und plane meine Weiterreise nach Puri. Dank Praveens schnellem Internet Zugang wird dies über die Internetseite der Indischen Bahn (für Indien-Reisende: http://www.irctc.co.in) diesmal zu einem wahren Vergnügen. Nichts mit Anstehen, Warten und Ärgern. Na ja, ein Bisschen zwar schon, den die Seite stürzt schonmal ab oder bringt nur die halben Daten und nur die wenig hilfreiche Meldung „Communication Error“. Nach einigen Versuchen habe dann aber doch die richtigen Züge gefunden und gebucht. Komischerweise sind sehr viele Züge nach Puri völlig ausgebucht und ich muss mich mit einer Warteliste begnügen. Ich wundere mich schon, warum das kleine Puri derzeit so begehrt ist. Es gelingt mir auch nicht eine Wartezeit bei einem Zwischenhalt zu verhindern, in dem ich wohl oder übel acht Stunden über Nacht auf den nächsten Zug warten muss. Doch ich bin ja gut orientiert und weiss das es so genannte „Rest Rooms“ am Bahnhof gibt, in denen man solche Wartezeiten einfach gemütlich „verschlafen“ kann.

Einige Stunden später werde ich gewahr, das gemeinerweise auch viele andere Reisende von diesen Rest Rooms wissen und leider schneller waren als ich. Die rundliche, mürrisch blickende Matrone am Eingang weist mich murmelnd in Richtung Wartesaal für Hochklasse-Reisende. Der ist zwar zumindest leicht klimatisiert und nicht ganz so überfüllt wie der restliche Bahnhof, aber in den Stühlen lässt sich unmöglich schlafen. Ich probiere es auf alle Arten und Weisen, still motiviert von den Indern die in den Stühlen um mich herum allesamt in friedlichen Schlaf versunken sind.

Ich schaffe es nicht. Stunde um Stunde verrenke ich mich mehr, um doch noch die ideale Position zu finden und endlich einzuschlafen. Halb liegend, mit dem Kopf auf der Rückenlehne, auf die Armlehne gestützt, nach vorne gebeut, Seitwärts sitzend, mit den Beinen auf dem Rucksack... keine Chance. Es lässt sich in diesen Sitzen nicht schlafen. Basta! Nicht für einen Europäer. Die Inder müssen eine Art variable Knochen haben, die bei Bedarf ihre Steifigkeit verändern und somit in jeder Positionen einen erholsamen Schlaf garantieren. Diese These würde auch die praktische Anwendbarkeit der Kamasutra erklären.

Nach einigen Stunden gebe ich es auf einschlafen zu wollen und schlafe ein. Kaum bin ich endlich ins sehnlichst erwünschte Traumland entschwunden, werde ich auch gleich wieder von einem sehr hilfsbereiten Aufseher geweckt. Ja wohin ich denn wolle. Ach nach Puri. Ja der Zug gehe um vier Uhr fünfzehn. Das sei nicht meiner? Ach so, meiner ginge um sechs Uhr. Ja dann sei ja noch Zeit. Allerdings!!! Viel Zeit!! So viel Zeit, das ich noch mindestens zwei Stunden hätte weiter schlafen können. Die kann ich mir jetzt aber ans Bein streichen, denn jetzt schaffe ich es definitiv nicht mehr nochmals einzuschlafen.

Zum Glück hat mein Zug nach Puri dann auch noch eine Stunde Verspätung, was mir aber egal ist denn es kommen dauernd Durchsagen von gecancelten Zügen und ich habe schon Angst, nochmals ein paar Stunden im Wartezimmer verbringen zu müssen. Um knapp viertel nach sieben fährt mein Zug dann endlich ein, ich ergattere meinen sehnlichst erwarteten Liegeplatz und bin nach zwei Minuten eingeschlafen. Nur zwei Ereignisse stören ab da meinen Schlaf. Der Schaffner der mein Ticket sehen will und der Bahnhof von Puri, der mich erfolgreich zum Aussteigen bewegt.

Ein überraschendes Fest
Im Bahnhof von Puri steigen erstaunlich viele Leute aus. Ich hatte so etwas wie Goa oder Hampi erwartet. Ein paar Tempel, zwei drei Touristen und ein paar vereinzelte Inder. Hier jedoch sind Massen unterwegs. Na ja, vielleicht ist ja ein Markt oder so etwas denke ich mir und suche eine Rikscha. Die werden hier teilweise noch mit reiner Muskelkraft betrieben. Meist von dürren Männchen, die schwitzend und kämpfend die Fahrrad ähnlichen Gefährte die Küstenstrasse entlangwuchten. Ich bin zwar froh nach dieser kurzen Nacht ohne Abendessen und Frühstück meinen riesigen Rucksack nicht zum Hotel schleppen zu müssen, aber der Rikschafahrer tut mir trotzdem leid. Ihm aber keine Arbeit zu geben wäre wohl auch verkehrt und somit erleichtere ich mein schlechtes Gewissen, indem ich ihm ein stattliches Trinkgeld bezahle.

Mein dicker Reiseführer empfiehlt in Puri das „Z“ Hotel. Der Name ist nicht nur bescheuert, sondern für Inder auch absolut unverständlich, weil sie den Buchstaben „Z“ nicht aussprechen können. Erst das auf die Hand gemalte Z hat bei meinem Rikschafahrer den Groschen zum Fallen gebracht. „Ahh, you mean Ssääääd Hotel!“ und schon bald stehe ich davor und kriege auch gleich ein schönes, günstiges, helles Zimmer mit Meerblick. Ein voller Erfolg. Die Menükarte des Restaurants weist sogar Käsetoast und Spaghetti auf und ich bin somit im Tramper Himmel.

Ich frage den Hotelier beim Einchecken, warum denn so viele Leute in Puri seien. Er blickt mich völlig entgeistert an. Ja ob ich denn das nicht wisse. Morgen werde hier das Wagenfest „Rath Yatra“ gefeiert, zu dem hunderttausende Inder erwartet werden. Ich hätte grosses Glück gerade jetzt hier zu sein. Oh ja, das habe ich allerdings. Erst jetzt lese ich im Reiseführer, das zu diesem Festival sämtliche Hotels restlos ausgebucht seien und man Züge schon Monate im voraus reservieren müsse, um überhaupt noch einen Platz zu ergattern. Das Glück ist offensichtlich mit den Unwissenden und ich schlafe schon kurze Zeit später in meinem gemütlichen, grossen Hotelbett zu sanftem Wellenrauschen ein.

Am nächsten Morgen lerne ich Boris kennen, einen Deutschen Ethnologie-Studenten, der in Indien eine Arbeit über Tribalismus schreibt und das Zimmer gleich neben mir gebucht hat. Boris erklärt mir, das an diesem Tag die Statuen der Götter Jagannath (einer Inkarnation Vishnus), seinem Bruder Balbhadra und seiner Schwester Subhadra mit riesigen, hölzernen Wagen vom Jagannath-Mandir Tempel in den etwa einen Kilometer entfernten Gundicha-Mandir Tempel gezogen würden. Dabei werden die schweren Statuen aus Stein wirklich physisch in die Wagen verladen und von hunderten Pilgern mit dicken Seilen die Hauptstrasse entlang gezogen.

Das Festival hat nicht nur einen religiösen, sondern viel mehr auch einen politischen Hintergrund. Die Tempel welche die Götter-Statuen normalerweise beherbergen sind nicht allen gläubigen Hindus zugänglich. Das Rath Yatra Festival ist die einzige Gelegenheit für sämtliche Gläubigen und sogar Touristen die Statuen zu Gesicht zu bekommen.

Auf ins Getümmel des Rath Yatra Festivals
Ich rüste mich also mit möglichst nichts aus, um den sicherlich anwesenden Dieben keine Gelegenheit zu geben, mir die Freude am grossen Fest zu versauen. Ausserdem möchte ich so mitten rein ins Getümmel. Baden in den Massen. Feiern wie die Inder.
Ich folge vom Hotel einfach dem kontinuierlichen Menschenstrom. Nur bewaffnet mit meiner Kamera. Die Massen ziehen Richtung Strand, wo sie sich in rituellen Waschungen auf das Fest vorbereiten. Jedenfalls stelle ich mir das so vor, denn von den komplizierten Abläufen des Rath Yatra Festes habe ich keine Ahnung. Ich sehe nur viele Inder die sich ins Meer stürzen und sich umfangreich die Füsse waschen.

Danach geht es durch enge Gassen vorbei an nicht endend wollenden Süsswahren-, Stoff-, Haushalts- und Schmuckgeschäften. Am Rand der Geschäfte hocken duzende wenn nicht hunderte Bettler auf der dreckigen Strasse. Allesamt haben sie eine Schale mit Reis und vereinzelten Münzen vor sich stehen. Viele Pilger spenden den bedürftigen etwas Reis oder ihr Kleingeld. Die Bettler sind oft erschreckend verstümmelt und ihre Arm- und Beinstümpfe sind verbunden. Ohne genaue Kenntnisse Ihrer Krankheit erinnert mich dieses Bild doch sehr an die Lepra-Plakate, die manchmal auch in der Schweiz zu sehen sind. Etwas beschämt frage ich mich, ob da nicht etwas war mit einem Lepra-Mittel von Novartis, welches der Pharma-Gigant bis zur Ausrottung der Krankheit anscheinend kostenlos an Betroffene abgeben wollte. Diese Menschen hier sind offensichtlich noch nicht in Genuss dieser Hilfe gekommen. Oder etwa doch? Sind dies nur die unheilbaren Verstümmlungen der schrecklichen Krankheit?

Ein paar hundert Meter weiter verdichten sich plötzlich die Menschenmassen und am Ende der Gasse ist der mit rotem, gelben und goldfarbenem Stoff reich verzierte riesige Wagen auszumachen. Davon gibt es drei und die sind auf dem Platz hier am Eingang zur grossen Hauptstrasse „parkiert“. Da hier verschiedene Pilgerströme zusammentreffen, wird das Gedränge immer grösser. Es wird gedrückt und geschoben, gequetscht und gedrängelt. Die Luft ist unerträglich warm und scheint zu stehen. Durch die riesigen Menschenmassen hat sie eine Feuchtigkeit angenommen, die mir fast den Atem raubt und die mit unglaublicher Gewalt drängenden Menschenmassen verbessern diesen Umstand auch nicht gerade. Es liegt ein süsslicher, schwerer und leicht nach Indischen Gewürzen riechender Geruch in der bleiernen Luft. Ich versuche meinen Kopf noch etwas höher aus den Massen zu recken, aber die Luft ist da auch nicht viel besser.

Zum ersten Mal frage ich mich, ob es wirklich eine gute Idee war, sich gerade hier hinein zu wagen. Aber ich hatte es ja eigentlich gar nicht geplant und lasse mich somit einfach weiter schieben. Später erfahre ich, dass an dieser Stelle am Morgen sechs Personen im Gedränge ums Leben kamen. Vielleicht war es gut das ich es nicht wusste, denn so war das Erlebnis in den Indischen Massen für mich einfach nur spannend und nicht wirklich eine Bedrohung.

Nachdem ich wie ein Pingpongball auf rauer See wild umhergeschoben wurde, glücklicherweise immer rund einen Kopf über dem Indischen Durchschnittsbürger, lande ich ungewollt in einer Nebengasse in der das Gedränge sich auflöst und ich über einen Umweg etwas weiter vorne wieder in die Hauptstrasse einbiege. Hier sind die Massen zwar Umfangreich, aber durch die breite der Strasse ist das Gedränge nicht weiter schlimm. Ich mache mich auf die Suche nach einem geeigneten Haus mit Dachbalkon als Fotoplattform. Vor den ersten Häusern die ich anpeile stehen nette Menschen die weniger nette Vorstellungen von tausend Rupien (etwa fünfundzwanzig Franken) für eine Dachbesteigung haben. So viel Geld habe ich gar nicht dabei und lasse die unverschämten Abzocker dies auch wissen. Ich gehe weiter und entferne mich so von den Wagen, was sich auch auf die Dachbalkonpreise auswirkt. Bald sind es nur noch fünfhundert, dann dreihundert Rupien.. Ich ärgere mich, nur etwa hundert Rupien mitgenommen zu haben und gehe aufs nächste Gebäude zu. Ich habe zwar keine Ahnung um was es sich dabei handelt und ob man es überhaupt betreten darf. Es sieht aus wie die Mischung zwischen Hotel und Tempel, aus dunkelbeigem Sandstein. Niemand hindert mich am Betreten und ein freundlicher Polizist im Innenhof organisiert mir auch kurzentschlossen eine Erlaubnis zum Besteigen des riesigen Daches. Kostenlos! Na also, es braucht manchmal nur etwas Geduld. Das war ja auch bei der Eisenbahn schon so.

Kurze Zeit später vertreibt ein beleibter Inder mir ein paar Halbwüchsige von einem Balkonvorsprung und verschafft mir damit einen wahrlichen Logenplatz zum Fotografieren. Dies, nachdem ich ihm etwas meine Spiegelreflex-Kamera erklärt hatte und ihn sogar ein paar mal durch mein Zoom-Objektiv durchschauen liess. Solche Dinge verschaffen einem in Indien schnell Freunde und wie ich wieder einmal feststellen musste sind Freunde in Indien sehr hilfreich.

Von meinem Logeplatz aus kann ich die ganze Hauptstrasse mit den rund fünfhundert tausend Menschen überblicken, die in allen erdenklichen Farben unter mir dahin wuseln. Zwischen den unglaublichen Massen versuchen Ambulanzen ihren Weg durch die Massen zu pflügen. Angeführt von joggenden Polizisten welche die Menge zur Seite drängen. Fast im Minutentakt werden so kollabierte Pilger vom Platz geschafft.

Pünktlich um vier geht es richtig los. Mit lautem Getöse wird der rund vierzehn Meter hohe Hauptwagen die Strasse entlang gezerrt. An vier schenkeldicken Tauen hängen viele hundert Pilger und Tempelangestellte und reissen im Kommando des Wagenführers das schwere Gefährt vorwärts. Immer wenn es sich bewegt jubelt und schreit die ganze Masse und der mit hinduistischen Priestern gefüllte Wagen feuert sie mit lauter Musik an. Die ganze Szene hat etwas unglaublich chaotisches, was aber doch von einer kaum erkennbaren Ordnung überdeckt zu sein scheint. Das Festival ist fast sinnbildlich für Indien, mit seiner unüberschaubaren Masse an Völkergruppen, Kasten und Sprachen die doch irgendwie alle in einem Land vereint zu sein scheinen. Boris erläutert mir jedoch später, das dieser nationalistische Gedanke nach wie vor durchaus sehr umstritten sei und eher durch die Portugiesen und später Briten geprägt wurde. Vorher sei Indien in viele Königreiche (ähnlich den Deutschen Fürstentümmern) aufgeteilt gewesen. Auch heute noch hätten die Indigenen Völker für sich den Anspruch auf Königlichkeit, was jedoch natürlich auf deutliche Ablehnung beider regierenden Oberschicht Indiens trifft. Diese würde die Indigenen Völker lieber mit gebundenen Subventionen, zum Beispiel zur Entwicklung des Ananas -Anbaus, unterstützen und damit in ein Angestelltenverhältnis drängen, in welchem die Hierarchien rein schon aus kommerziellen Gründen klar gegeben sind.

Im Getümmel des Rath Yatra Festivals ist von alle dem jedoch nicht viel zu erkennen. Das Fest verläuft gemäss meinem Eindruck weitgehend friedlich und die kunterbunte Menschenmassen feiern gemeinsam ihre Gottheiten und ich habe meinen Spass im ganzen Tohuwabohu.