Mittwoch, 16. Juli 2008

Drachen über Delhi


Drachen ueber Delhi
Originally uploaded by hobbes_ch
Die Luft ist heiss. Versteckt sich hinter einem stetigen Wind der über die Dächer von Delhi streicht und die Ausdünstungen der Grossstadt in sich trägt. Schwanger mit Millionen Düften und Gerüchen, die einem gleichzeitig die Sinne rauben und fasziniert schnuppern lassen. Man kann eine Stadt am besten an ihrem Geruch erkennen. Jeder einzelne Bewohner der Stadt findet sich darin wieder.

Es ist früher Abend. Die Sonne steht tief und taucht die Dächer in ein freundliches Licht. Sie haben die Härte verloren, die ihnen Tagsüber das unbarmherzige Gleissen der Sonne aufzwingt. Die Häuser wirken unfertig. Als sei die ganze Stadt noch im Aufbau. Werde nie fertig. Strebe ständig höher. Wie Pflanzen die der Sonne entgegen ranken. Im ständigen Kampf untereinander.

Mein Blick schweift langsam über die Dächer. Gegen den Ostwind. Bleibt an einem Punkt hängen. Erst halte ich es für ein Stück Papier, das vom warmen Wind gepackt wurde. Wie ein zappelnder Fisch. Immer wieder auf und ab trudelt. Zu entkommen versucht.

Ich erkenne das es ein Papierdrachen ist. Und er ist nicht der einzige. Duzende, wenn nicht hunderte davon tanzen über den Dächern. Manche nur wenige Meter hoch in der Luft. Als lernen sie erst grad fliegen. Andere hoch oben und einer, ein schwarzer, verschwindet sogar fast im Himmel. Klettert immer höher. Versucht aus dem Smog zu tauchen.

Etwas haben sie alle gemeinsam, diese Schmetterlinge der Dächer. Sie sind fröhlich und erfreuen das Auge. Die ganze Stadt erhält durch sie einen anderen Touch. Verspielt, freundlich, über sich selber lachend. Nicht das konservative, strenge Gesicht einer normalen Hauptstadt. Delhi hat sich verkleidet und weiss es nicht einmal.

Ich beobachte die tanzenden Drachen. Jeder Drache gehört einem Kind, das ihn von seinem Dach aus steuert. Jedes auf seine Art, so wie die Drachen auch jeder anders sind. Und doch sind sie alle miteinander verbunden. Denn es gibt nur einen Himmel über der Stadt, welcher nun ihnen gehört. Den Drachen und den Kindern. Der Himmel über Delhi ist ein einziger grosser Spielplatz seiner Kinder. Für ein paar Stunden bis es dunkel wird rebellieren die Kinder still und fröhlich gegen die Anonymität der Grossstadt. Recken ihre luftigen Hände in die Höhe und winken sich zu. Sie winken auch mir zu, der ich hier oben auf dem Dach stehe. Grinsend und zufrieden zurück winke. Fliegt, ihr Drachen von Delhi, fliegt.

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