Montag, 12. November 2007

Nebenwirkungen

Heute möchte ich Euch eine kleine Geschichte näher bringen, die mir soeben ein paar Mitarbeiter der Ranch beim gemeinsamen Nachtessen erzählt haben. Sie ist einfach zu schön um sie für mich zu behalten.

Vor einiger Zeit ging ein älterer Mann hier aus der Gegend an seinem ordentlichen Feierabend in die lokale Stammkneipe. Da Stammkneipen hierzulande nicht immer grad um die Ecke sind, musste er sich seinen Frühschoppen mit einem ordentlichen Fussmarsch verdienen und bediente sich dabei der praktischen Erfindung eines Gehstocks.

Einige Stunden und Promille später macht er sich schliesslich glücklich, wenn auch etwas wankend, auf den Heimweg. Als er nun mehr oder weniger zielstrebig um eine Kurve biegt, streckt ihm mitten auf der staubigen Piste ein prächtiger Elefant sein riesiges Hinterteil entgegen. Da es schon ziemlich dunkel ist und die visuelle Wahrnehmung unseres Freundes durch den feuchtfröhlichen Abend etwas an Schärfe verloren hat, erkennt er den Elefant nicht als solchen und flucht nur "welcher Idiot hat denn hier mitten auf der Strasse sein Haus hingebaut!". Er hebt seinen Gehstock und verpasst dem vermeintlichen Haus einen mächtigen Hieb auf sein gewaltiges Hinterteil. Das Haus brüllt los, dreht sich um, packt den nächtlichen Ruhestörer mit seinem Rüssel und wirft ihn auf den nächsten Baum, wo er wie durch ein Wunder unverletzt hängen bleibt.

Was lernen wir aus dieser Geschichte? Wenn Dir nachts in Afrika mitten auf der Strasse ein Haus begegnet, schaust Du besser zweimal hin bevor Du anklopfst.

Dienstag, 23. Oktober 2007

Zu Fuss durch Mombasa

Wer diese Stadt nur anhand ihres Geruchs und dem Müll in den Strassen beurteilt, kehrt ihr zu schnell den Rücken. Wer genauer hinschaut stellt fest, diese Stadt hat Herz, ist bezaubernd und durchaus mehr als man zuerst erwartet.

Ich verlasse mein Hotel zu Fuss. Will es jetzt wissen. Afrika hinter den Kulissen, ohne Brille. Ich habe sämtliche, na ja nicht ganz, aber wenigstens fast alle Wertsachen im Hotel gelassen. Nur meinen kleiner Fotoapparat trage ich versteckt mit mir. Als Muzungu (Weisser) stinke ich zwar immer noch nach Geld. Eben hat mir ein Barkeeper, nachdem er mein Heimatland erfahren hat gemeint: "In Switzerland all people are millionaires". Darauf mach ich mutmasslicher Millionär mich also zu Fuss auf den Weg durch die Innenstadt. Ich will ans Meer, was in Mombasa gar nicht so einfach ist. Der östliche Meeranschluss gleicht nämlich einer Steilklippe. Immerhin, auf einem schmalen Pfad quer durch einen Garten gelange ich an die Klippe und stehe endlich am Meerufer. Unter mir flüchten ein paar tellergrosse Krabben ins rettende Nass und schäumende Wogen nagen am vernarbten Gestein. Weit im Norden erblicke ich einen Strand. Da will ich hin!

Ich gehe meinen Weg zurück und parallel zur Klippe weiter, durch schmale Gässchen des offensichtlich muslimischen Viertels. Aus vielen Eingängen blicken mir neugierige Kinderaugen entgegen. Oft ruf man mir dann freudig "Muzugu" oder "Jambo" entgegen. Ich grüsse freundlich zurück, was die Augen noch mehr erstrahlen lässt. Fast alle Mädchen tragen farbige Kopftücher und sind mit reichen Henna-Ornamenten geschmückt. Einige Kinder gehen barfüssig durch die stinkenden Gassen, welche auch hier im Unrat versinken. Eine Freundin hat mir erzählt, dass viele Menschen in Mombasa ständig krank seien. Das feuchtwarme Klima bildet einen wunderbaren Nährboden für Krankheitserreger und die Kloake in den Strassen verbessert die Situation wohl auch nicht gerade.

Ich gehe weiter, an einer Moschee vorbei, aus der ein Imam in regelmässigen Abständen seine Gebete verkündet. Eine Gruppe Jugendlicher begrüsst mich mit "jambo, karibu in Kenya". Kurz darauf auch eine alte Frau, die gebückt an ihrer Tasche mit gesammeltem Müll herumfummelt. Unglaublich, man würde nicht denken dass ich mich in einer Grossstadt mit einer halben Million Einwohnern befinde.

Von einer Gasse zur nächsten verändert sich die Gegend. Es sind die Kinder, die ich plötzlich nicht mehr antreffe. An ihrer Stelle begegnen mir eine Menge zwielichtiger Gestalten und ein paar Autowracks. Ist es wirklich intelligent hier zu Fuss herum zu spazieren, denke ich mir? Na ja, bei mir ist ja (fast) nichts zu holen, auch wenn ich ja seit heute Morgen ein Millionär bin, denke ich mir und gehe zügig weiter.

Die Gasse wird nun von schäbigen Baracken mit Wellblechdächern gesäumt. Nun bin ich mir sicher, dass ich hier nicht unbedingt hingehöre, gehe aber trotzig zwischen den vielen parkierten Lastwagen hindurch, aus denen mich neugierige Brummifahreraugen beobachten. Vor mir tauchen drei stämmige, ziemlich fies blickende Gestalten auf. Ich gehe weiter, auf sie zu. Ich will keinen Bogen um sie machen, das wäre zu auffällig. Mein Puls steigt an, ich schwitze noch mehr als sonst und ich zwinge mich nicht schneller zu gehen. Noch fünf Meter trennen mich von den zwielichtigen Typen. So stelle ich mir professionelle Schläger vor, fährt es mir durch den Kopf. Noch drei Meter, ich halte die Luft an, zwei Meter... "jambo! Karibu in Mombasa". " Jambo, mzuri sana" erwidere ich und wage es in das düstere Gesicht des Anführers zu blicken, der nun so etwas wie ein Lächeln im Gesicht trägt, auch wenn ich mir nie hätte vorstellen können, dass er zu solch einer Geste überhaupt fähig ist. Mombasa ist wirklich freundlich, wenn man erst einmal einen Blick hinter die Kulissen gewagt hat.

Freitag, 12. Oktober 2007

Ich bin ein Alien mit einem Virus


Blick vom KICC in Nairobi
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Es gibt sie also doch! Mit grossen weissen Buchstaben auf blauem Grund lese ich über dem amtlichen Schalter im Imigration Office "Aliens Registration". Ich dachte eigentlich das wäre im Film "Men in Black" erfunden, hier in Nariobi werde ich aber eines besseren belehrt. Also stelle ich mich natürlich gleich an und siehe da, ich bin auch ein Alien. Von welchem Planet ich komme kann mir zwar niemand sagen aber für die dunkelhäutigen Kenianer ist wohl jedes Bleichgesicht wie ich ein Alien. Ich kriege sogar einen Ausweis, der diesen Sachverhalt bestätigt! Dazu muss ich aber erst nochmals sechs Wochen warten (sagt man mir) und in zwei Monaten (sagt jemand anders mir) ist der Ausweis dann auch wirklich da. Dann mein Visum zwar schon fast wieder abgelaufen und der Alien-Ausweis dementsprechend nutzlos, aber auch das stört hier niemanden. Schliesslich berechnet man mir dafuer zweitausend Schilling, also rund vierzig Franken. Es ist recht teuer ein Alien zu sein, finde ich.

Nairobi ist wie eine überschäumende Spaghetti-Pfanne. Zwar brodelt, schäumt und zischt es überall, aber wer weiss wie, entdeckt darin gerne den einen oder anderen Leckerbissen. Sandra, eine Freundin hier in Nairobi, hilft mir beim Nairobi-Fischen und zerrt mich dazu auf den KICC-Turm, das zweithöchste Gebäude der Millionenstadt. Mein Reiseführer behauptet zwar, es sei das höchste Gebäude, aber wer nicht blind ist und etwas östlich schaut, erkennt unschwer dass da noch ein etwas höherer Turm steht. Auf den darf man aber nicht rauf, wie mir Sandra versichert und so bin ich zufrieden und schiesse ein paar obligate Fotos.

Besonders schön sind von hier oben die knallvioletten Jakarandas-Bäume zu sehen, die an vielen Orten in Nairobi die Strassen säumen und einen penetrant süsslichen Duft verströmen. Leider mag dieser den noch penetranteren Abgasgestank der ständig verstopften Metropole nicht zu übertünchen. Aber daran muss man sich in Nairobi wohl gewöhnen. Daran und auch an den ständigen Lärm. Besonders bewusst wird mir dies in der ersten Nacht im Hotel, wo ich morgens um drei durch einen laut singenden Imam geweckt werde, welcher die Muslime der Stadt zum Gebet ruft. Und um fünf Uhr hat sein Kollege der zweiten Moschee Dienst und gibt sein Bestes um mich wach zu halten. Aber auch daran gewöhnt man sich wohl, wenn man erst mal eine Weile in dieser pulsierenden Stadt lebt.

Am Nachmittag will ich endlich die Fotos vom KICC-Ausflug aufs Internet laden. Ich suche mir also eines der vielen Internet-Cafes aus, wundere mich aber schon bald über die lausige Geschwindigkeit. Noch mehr wundere ich mich dann aber, als nach einer Stunde mein Memory-Stick plötzlich voll ist und keines meiner mitgeführten Programme mehr funktioniert. Auch die hoch geladenen Fotos sind alle kaputt. Ich prüfe kurz den Computer und ahne Böses. Kein Anti-Viren Programm! Und das in einem Internet-Cafe. Das ist etwa wie wenn man auf einer öffentlichen Toilette in Mumbai versuchte einem Patienten steril den Blinddarm zu entfernen. Mein Patient hat sich jedenfalls, was ich im nächsten Internet-Cafe gleich neben meinem Hotel feststelle, mit 543 Viren infiziert.

Montag, 3. September 2007

Im Süden nichts neues?


Nicht mehr weit...
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Für alle Kritiker die mir nun vorwerfen ich sei eine lahme Ente ohne und dieser Blog setze ja schon Staub an: Seit gewarnt! Nicht immer sind die Umstände so wie ihr denkt. Natürlich habt ihr auch recht, hier ging schon ne ganze Weile nix mehr. Der Grund dafür liegt einfach darin, dass ich im Moment nicht frei kommunizieren kann, weil meine Einträge durch einen Freigabeprozess müssen. Die Umstände will ich hier gar nicht genauer erläutern. Auf jeden Fall warten bereits drei umfassende Berichte mit Abenteuern aus Afrika auf euch. Ihr dürft gespannt sein, denn hier unten im Süden geht ziemlich die Post ab!

Und der heilige Jakob?
Den hab ich zwar nicht getroffen, bin dafür aber seinen Weg von St. Jean-Pied-de-Port bis Santiago de Compostela gepilgert. Achthundert intensive Kilometer zu Fuss die ich nie vergessen werde. Ich kann sie jedem Wanderer der eine wichtige Entscheidung fällen muss oder einfach nur mal so richtig Zeit zum Nachdenken haben möchte nur empfehlen. Dieser Weg ist eine Herausforderung der ganz speziellen Art. Er stellte mir Aufgaben die genau zu meinen persönlichen Lebensfragen passen. Oft wurden die Aufgaben von Menschen gestellt, die mir auf dem Weg begegneten. Spezielle und ganz tolle Menschen. Menschen die es mir ermöglichten Antworten auf Fragen zu finden, die mich schon seit langem beschäftigen. Für alle die nun denken warum wird er nicht endlich konkreter und faselt hier nur rum: Vergesst es! :o) Trotz dem ich ein ganzes Tagebuch mit Notizen und Eindrücken gefüllt habe, entschloss ich mich schliesslich, im Blog nicht darüber zu schreiben. Einerseits weil ich das tolle Buch von HP Kerkeling, "Ich bin dann mal weg", nicht nachahmen wollte (was zweifellos passiert wäre wenn ich hier zu Schreiben begonnen hätte) und andererseits, weil meine Erlebnisse und Eindrücke schlicht zu persönlich waren, um sie im Internet zu publizieren. Ach ja, und da war auch noch der nicht unwesentliche Faktor, dass die Zeit zwischen dem Jakobsweg und meiner Abreise nach Kenia schlicht zu kurz war um vernünftig zu schreiben.

Als Trostpflaster möchte ich euch aber auf die fast fünfhundert Fotos auf Flickr verweisen, die ich während meiner Pilgerreise geschossen habe. Diese geben auch sehr schön wieder, was der Jakobsweg stimmungsmässig und Landschaftlich so zu bieten hat.

Und nun, gar kein Müsterchen aus Kenia?
Ok ok, ein Bisschen was darf ich sicher verraten. Vielleicht dass ich in den ersten Tagen fast ein Auto abgefackelt hätte? Oder soll ich lieber von der Begegnung mit dem Elefanten im Garten erzählen? Nein, dann doch eher davon, als ich mit dem Motorrad plötzlich vor dem Leoparden stand. Oder von vorgestern als mir die grosse Autobatterie um die Ohren flog?
Ach, es gibt einfach zu viele Abenteuer von denen ich euch bald erzählen werde und so lass ich es in diesem zusammenfassenden Blogeintrag einfach und verweise euch brutal auf später.

Aus dem wilden Kenia grüsse ich euch mit einer verbrannten Nase und einem sonnigen "Habari".

Sonntag, 20. Mai 2007

Übergewicht


Zehn komma fünf Kilo
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Lautlos und gemein schnellt die rote Anzeige auf 91 Kilo hoch. Fragen rasen mir durch den Kopf. Habe ich zugenommen? Wie viel wiegt er denn nun? Was wird erst wenn ich meinen Trinkbag mit Wasser fülle?
Ich entledige mich meinem Pilgerrucksack und quäle die Waage nochmals. 80.5 Kilo. Das macht? Mehr als zehn? Kann ich Adam Riese nicht bestechen damit es etwas weniger wird? Vielleicht mit irgendwelchen mathematischen Unschärfe-Tricks?
Sämtliche Pilgerratgeber raten mir dringend dazu, nicht mehr als zehn Prozent meines Körpergewichtes als Gepäck mit auf den Jakobsweg zu nehmen. Bei mir wären das also – wenn wir Herrn Riese nochmals bemühen – acht Komma fünf Kilo. Mit Wasser versteht sich. Ich habe aber jetzt schon über zehn und mein Wasservorrat im Rucksack ist gleich Null. Und auf mehr verzichten kann ich nun wirklich nicht. Sogar Aurels Buch „Gehen“ hab ich aus Gewichtsgründen raus geschmissen (sorry Aurel!). Nun könnte ich höchstens noch eine der zwei Ersatzunterhosen weglassen aber das wäre dann wirklich eine Zumutung für meine Mitpilger.
Das einzige Zusatzgewicht das mir spontan noch in den Sinn kommt sind die Glückssteine, welche irgendwo in einer Innentasche rumdümpeln. Gregor lacht mich eh schon dauernd aus, weil ich mit einer halben Geröllhalde auf dem Rücken los pilgere. Aber ich habe halt meinen Göttikindern angeboten, Glückssteine für sie mitzutragen und nun kann ich wohl kaum kneifen. Ich hoffe das Glück das ihnen zuteil wird ist riesig, sonst muss ich mal ein ernstes Wort mit jemandem wechseln. Mit wem? Keine Ahnung, das ist ja auch so eine Frage die man auf dem Jakobsweg stellen darf. Dazu ist er ja da!

Nervös wie ein gedoptes Huhn murkse ich die letzten Sachen in meinen zum bersten vollgestopften Rucksack. Vor meinem geistigen Auge sehe ich den Rucksack kurz vor dem Einchecken explodieren. All meine sorgsam ausgesuchten Pilgersachen fliegen mir um die Ohren und durch die Checkin-Halle. Überall flattern Federn meines Daunenschlafsacks. Das Flughafenpersonal schreit mich an, aber ich höre es nicht. Ich stehe in den flatternden Daunen und verfolge in Zeitlupe wie meine Kamera am Boden zerschellt. Und doch ist es ganz still. Nur ich, die Federn und die Katastrophe.
Ich schrecke hoch und erwache aus meinem Tagtraum. Ich sollte mir vielleicht einfach nicht mehr ganz so viele Gedanken machen und mich etwas beruhigen. Aber ist doch wahr. Ich war noch nie so lange auf Reisen und schon gar nicht zu Fuss. Wer läuft schon 800 Kilometer zu Fuss (ausser natürlich HP Kerkeling, aber das ist ja eh auch nur so ein Spinner und Komiker noch dazu... das zählt also kaum).

800 Kilometer ist etwa die Distanz von hier nach Prag. Das ist ziemlich weit! Stelle ich mir jedenfalls vor. Ich bin ja auch noch nie in die Tschechische Republik gelaufen, kann das also nicht wirklich als Experte beurteilen. Es ist auf jeden Fall weiter als nach Delémont und bedeutend weiter als es sich meine Füsse im Moment vorstellen können.

Während sich noch meine Füsse lautstark und präventiv bei mir für die bevorstehenden Strapazen beschweren, kommt mir die gestrige Weltreiseparty in den Sinn. Es war schön und tröstlich all meine Freunde nochmals um mich zu haben, vor diesem grossen Schritt. Ich werde Euch vermissen! Und ich hoffe insgeheim, dass es mir niemand übel nimmt, wenn ich nun mal sechs Wochen verdufte und „offline“ bleibe.
„Ich bin jetzt auch mal weg“ und begnüge mich erst mal mit einer ganz anderen Gesellschaft: Meinem über gewichtigen Rucksack und meinen quängeligen Füssen. Nicht ganz das selbe, aber was sollst. Jeder ist seiner eigenen Blasen Schmied.

Bis bald Ihr Lieben, ich dampfe nun los!

Montag, 14. Mai 2007

Gurgelnde Hochzeitsnacht

Gurgelnd verschluckt sich der Ablauf zum vierten mal. Beim ersten Geräusch habe ich mir noch keine Sorgen gemacht. Nachdem das Lavabo nun aber weiter mit röhrendem Blubbern auf akute Verdauungsstörungen hinweist, frage ich mich doch, was in den Innereien dieses Hotels haust.

Ich will schlafen! Die Hochzeit meines Schwesterchens Corina hat mich ganz schön geschlaucht. Ein wunderschöner Tag, nachdem man gerne ins Reich der Träume verduftet und die mannigfaltigen Eindrücken Revue passieren lässt. Mit Revue passieren lassen ist aber nichts im Hotel Schwanen in Stein am Rhein. Der Abfluss des einzigen sanitären Objekts in meinem Hotelzimmer führt weiter sein Solo-Hörspiel auf und stört sich nicht am Desinteresse des Publikums. Unterstützt wird er dabei von einem lallend singenden Gast, der einen Stock tiefer um ein Uhr morgens seinen übermässigen Alkoholkonsum akustisch untermauert. Insgeheim hoffe ich, dass mein Vater, welcher im Nachbarzimmer liegt und des nachts leicht zu stören ist, dem ungewollten Ständchen zu einem abrupten Ende verhilft. Aber leider verfügt er ausgerechnet heute über einen ausgezeichneten Schlaf und verweigert mir so beharrlich jede Schützenhilfe.

Hotel des grossen Staunens

Dieses Hotel ist der Hammer! Vermutlich ist es das absolut einzige Hotel der Schweiz, in welchem man die Schuhe am Eingang ausziehen und in grell grüne, gelbe oder rosarote Plüschfinken schlüpfen muss. Selbst meine achzigjährige Tante muss sich nun also in rutschigen Plüschfinken die Holztreppe hinaufschleppen. Im Zimmer erwartet mich dann, als Wiedergutmachung quasi, eine unverpackte Schoko-Waffel auf dem Bett. Zum Glück muss ich mich hygienisch ja immer noch auf Indien einstellen und nehme die Waffel also dankbar an.

Leider tröstet diese süsse Aufmerksamkeit auch nicht darüber weg, dass ich in einem 80-Franken Zimmer eigentlich eine Dusche und eine Toilette erwarte. Beides war auf der schriftlichen Bestätigung deutlich ersichtlich und ist nun genauso deutlich nicht existent. Ich suche im Zimmer nach weiteren Überraschungen und finde: Eine Kinderkrippe. Ja genau, das ist der Gegenstand, den ich für einen gesunden Schlaf benötige! Da überhört man doch gerne auch grölende Gäste und gurgelnde Lavabos.

Maxi-Mahl
Am nächsten Morgen erwache ich viel zu früh, weil mir die Sonne gnadenlos auf die Birne brennt. Leider hat das osteuropäische Hotelier-Pärchen vergessen, bei der Rennovation des Hotels Vorhänge einzuplanen. Vermutlich genauso wie Duschen, Toiletten, Seife und eine Hausordnung.

Ich setze mich also kurz danach etwas müde an den Frühstückstisch und warte vor gedeckter Tafel auf meine Verwandten. Glücklicherweise taucht nach kurzer Zeit meine Tante auf und wir beschliessen gemeinsam, uns über die leckeren Sachen her zu machen. Nach einigen Broten und einer Tasse Kaffee erklärt uns der Wirt, dass leider nur zwei Brotscheiben, ein Glas O-Saft und ein Kaffee im Preis inbegriffen sind. Werter Herr! Ich habe die halbe Nacht mit einem gurgelnden Lavabo, einem mies singenden Gast und einer Kinderkrippe verbracht! Um mich einigermassen in einen vernünftigen Zustand zu dirigieren sind mindestens drei Kaffees und etliche Scheiben Brot nötig. Ich bin aber zu feige um dies aufs Parkett zu bringe und verfalle daher lieber in einen zynischen Sarkasmus. „Wenn wir diese zwei Trauben nicht essen, können wir sie vielleicht gegen eine Scheibe Brot und einen halben Kaffee eintauschen“ schlage ich meiner Tante vor.

Meine Mutter welche inzwischen auch zu uns gestossen ist, erzählt derweil, dass die Badewanne in ihrem Zimmer auf Stahlfüssen direkt auf dem ungeschützten Parkettboden steht. „Aha“, denke ich mir. Es gibt also doch Badewannen in diesem Hotel. Und wozu um alles in der Welt haben wir eigentlich diese Plüschfinken getragen?




Donnerstag, 3. Mai 2007

Reduktion


Moleskine
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Ich reduziere weiter. Seit drei Tagen bin ich nun ohne Auto und es geht ganz gut. Aber darüber wollte ich eigentlich gar nicht schreiben sondern über die interessante Welt die sich auftut, während ich immer mehr reduziere. Dabei meine ich ganz verschiedene Aspekte der Reduktion. Allen voran natürlich die materielle. Habt ihr Euch schon einmal überlegt, wie viele Sachen ihr eigentlich besitzt? Stellt Euch vor, ihr müsstet all eure Besitztümer nur mit Muskelkraft zehn Kilometer weit tragen. Plötzlich werden all die geliebten Dinge zur Last und man fängt gezwungenermassen an zu reduzieren. Brauche ich das wirklich, wann habe ich dies zum letzten mal getragen, jenes werde ich ja eh nie mehr lesen und so weiter. Wir sind halt Jäger und Sammler und unsere gesellschaftliche Position definiert sich zu einem nicht unwesentlichen Teil über unsere „gesammelten Schätze“. Ich bin was ich besitze. Mein Haus, mein Auto, mein Boot.

Weniger ist mehr
Inzwischen schrumpfen die Dinge um mich herum nach und nach zusammen. Das kommt mir lustigerweise aber gar nicht so vor. Die Dinge die bleiben gewinnen einfach mehr an Gewicht, während mir gleichzeitig viel mehr Raum zum Nachdenken bleibt. Weniger ist also mehr.

Mein kleines Moleskine Notizbüchlein zum Beispiel. Ein winziges Ding, welches mir aber unglaublich ans Herz gewachsen ist. Wenn ich es nicht dabei habe, werde ich nervös und fühle mich nackt. Es enthält meine täglichen Notizen und in einem kleinen Fach im Deckel ein paar persönliche Sachen. Eigentlich etwas banales aber dieses winzige Ding bedeutet mir vielleicht gleich viel wie anderen Leuten ihr Auto. Und so geht es mir mit vielen kleinen Sachen die nach der Reduktion übrig geblieben sind.

Eigentlich ist es ja auch nur logisch, dass unsere chronische Besitztumssucht nicht gesund ist. Wie soll mein Hirn denn bitteschön nachdenken können, wenn es nur damit beschäftigt ist, mich an alles zu erinnern was ich vielleicht gerade liegen, brennen, stehen oder offen gelassen habe. Wie kann ich wirklich frei werden, wenn mein angestrebtes Ideal darin besteht, immer mehr, immer neues, immer schnelleres, immer besseres zu besitzen? Ich setze meine persönlichen Ressourcen zu einem grossen Teil dafür ein, meine mir aufdoktrinierte Besitzeslust zu befriedigen. Nebenbei beute ich dabei ja auch viele Ressourcen dieser Erde aus, was ich mit der Absolution der „Bezahlung“ gleich wieder verdränge. Muss ich das? Bin ich ein schlechter Mensch wenn ich es nicht tue? Vernichte ich Arbeitsplätze? Schmälere ich den Lohn von Herrn Brabeck oder Vasella? Muss ich mir darüber Gedanken machen?

Ein Experiment: Schreibt Euch mal auf, an was ihr alles denken müsst nur Eurer Besitztümer oder Neuanschaffungen wegen. Das fällt alles weg, wenn man nur genug reduziert. Natürlich übertreibe ich masslos und habe auch leicht reden, so ohne Familie und ohne Bindung. Ich brauche in meiner Situation ja auch nicht viel, das stimmt. Aber die Erfahrung der materiellen Reduktion ist wirklich spannend.

Nach einer gewissen Zeit stellte sich bei mir ein ausgesprochenes Gefühl der Leichtigkeit und Freiheit ein. Das Bewusstsein, dass ich in wenigen Minuten alle meine Siebensachen in den Rucksack packen und mich vom Acker machen kann ist einmalig. So ganz nebenbei: Ein paar hämische Zeitgenossen in diesem Hause lachen sich beim Lesen dieser Zeilen vermutlich gerade einen Bruch. Sie wissen leider allzu genau, dass ich selbst mit meinen Siebensachen noch ein grosses Chaos veranstalten kann und mehr als „ein paar Minuten“ zum Packen bräuchte. Ausserdem ginge trotz aller Reduktion noch lange nicht alles in einen Rucksack, aber wen interessiert das schon.


Tun durch nichts tun
Mal einfach nichts zu tun ist auch so ne Sache. Ich habe es ja schon in früheren Einträgen beschrieben, muss aber einfach nochmals darauf zurück kommen. Wir werden von klein auf darauf getrimmt, ständig produktiv zu sein. Mal doch mal was, Jobbe in deinen Ferien, mäh den Rasen, studiere, mach Karriere. Arbeit, Freizeit, Studium – immer das gleiche. Wenn ich also einfach nur rum sitze und meinen Gedanken freien Lauf lasse ist dies de facto unproduktiv, gleich böse, verboten, ganz schlimm! Ständig muss ich irgend was tun um nicht in das gesellschaftliche Raster der unproduktiven Schmarotzer zu fallen. Jedenfalls gaukelt mir mein Verstand das vor.

Seit kurzem zwinge ich mich aber immer mal wieder zum Nichts-tun. Ich presse mich mental auf die Matte und schnalle mich dort gedanklich für ein paar Minuten fest. Es ist wirklich nicht einfach und sehr gewöhnungsbedürftig. Gleichzeitig merke ich aber auch, wie viel es mir bringt. Plötzlich entsteht Raum für ganz neue Gedanken. Ideen. Bilder. Die Leerlauf-Prozessorzeit wird genutzt! Mein Unterbewusstsein saugt die freie Denkkapazität gierig auf und knetet sich etwas sinnvolles zurecht. Erst durch das nichts tun erhält es dazu die Gelegenheit. Und es tut genau das richtige und spukt mir irgendwann ungefragt das Resultat entgegen. Ist doch praktisch, oder? Ist das nun unproduktiv?

Dienstag, 1. Mai 2007

E-Tickets in Ägypten


لإهثبسثثفشعؤاثق
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27 25 20.70 N, 33 40 20.40 E

Gleich vorweg: E-Tickets sind nicht kompatibel mit Ägypten. Ich weiss nicht, ob E-Tickets nur in Ländern bis 30 Grad funktionieren, in Ägypten tun sie es jedenfalls nicht. Um die Sachlage etwas in ein objektiveres Licht zu rücken: Vielleicht hätte es ja geholfen, wenn ich gewusst hätte, welchen Flug wir gebucht hatten. Das hatte ich mir zwar fein säuberlich notiert, den Zettel dann aber genauso gewissenhaft zu Hause liegen lassen. Na toll! Guter Start!

Meine Vergesslichkeit veranlasst einen in Anzug und Krawatte gekleideten Schalter-beamten in Kairo dazu, Simi und mich ständig nach einem „Plan“ zu fragen. Keine Ahnung was er mit „Plan“ meint und so strecken wir ihm einfach alle Zettel hin, die der Rucksack in der Verzweiflung hergibt. Ach wie schön war doch die Zeit, als man noch ein ordentliches Scheck-Büchlein mit allen Flug-Tickets vom Reiseunternehmen erhalten hat. Simi erläutert dann irgendwann nur genervt: „We have the plan to make holidays!“.

Schliesslich haben wir es doch noch geschafft. Nach drei Stunden Fahrt an den Frankfurter Flughafen, vier Stunden Flug nach Kairo, Gepäck abholen, einchecken, Gepäck aufgeben, zwei Stunden warten, knapp eine Stunde Flug nach Hurghada und einer halben Stunde Fahrt ins Hotel (nicht das, welches wir gebucht hatten!) – sind wir endlich da. Was für ein Maraton für eine einzige Woche Ferien in Ägypten.

Hotel der Mücken
El Gouna begrüsst uns mit kühlen 27 Grad und einer Menge Mücken. Seit wann hat es denn Mücken in Ägypten? Wo sollen diese Biester hier denn bitte brüten? In der Wüste? In den Pyramiden?? Die Viecher die also eigentlich gar nicht vorkommen dürften, demonstrieren uns ihre Existenz mit unermüdlichen Luftangriffen und halten mich die ganze erste Nacht wach. Zum Glück habe ich auf meiner Materialliste den Posten „Mückenstecker“ zu Hause vorsorglich gestrichen. Es kann in Ägypten keine Mücken geben! Weil es sie dann doch gibt, erwischt mich Simi mehrmals in der Nacht, wie ich in Karatestellung wach im Bett liege und einen insektoiden Massenmord zu begehen versuche. Ich bin zwar äusserst pazifistisch, aber in dieser Nacht töte ich Euch alle! Und wenn es das letzte ist was ich tue und dafür auch noch in die Hölle fahre!

Am Riff
Pose und fast ersoffenDer erwartete komatöse Schlaf blieb die ganze Nacht aus, auch wenn er meinem Zustand nach der Marathon-Anreise durchaus entsprochen hätte. Die Mücken blieben siegreich.

Macht nichts. Das Meer bringt uns sicher wieder auf andere Gedanken. Simi und ich fahren zu einem nahe gelegenen Sandstrand mit einem schönen Riff. Wir bestellen uns dazu ein Tocktock. Das Tocktock könnte mit seinen drei Rädern und dem typischen Vespa-Sound glatt einem Luis de Funes Film entsprungen sein. Der dunkelhäuitige Fahrer passt da aber nicht ganz in die Szene, macht dieses Manko jedoch mit seinem halsbrecherischen Fahrstil wieder wett.

Knapp überleben wir die rasante Fahrt und stürzen uns bald darauf ins warme Meer. Warm hatte ich es jedenfalls in Erinnerung. Leider scheint das Meer dies vergessen zu haben. Das Wasser ist kalt! Zu kalt auf jeden Fall um lange schnorcheln zu gehen. Ich frage mich, ob die Klimaerwärmung einen Gegenpol braucht und daher alle Meere einfach ein paar Grad abkühlen liess. Es könnte ja sein, dass ähnlich dem Energieerhaltungssatz die Gesamt-menge an Wärme der Erde immer gleich sein muss. Wenn die Luft dann zu warm ist, ist das Meer halt einfach kälter. Ist doch ganz logisch, oder? Dem Meer ist das egal und kühlt uns weiter auf wenig ferienmässige Temperaturen herunter.

Nesselsack

Dafür ist die Unterwasserwelt umso schöner. Das Rote Meer begrüsst uns mit einem verschwenderischen Teppich aus Farben, Formen und Getier. Von ausserirdisch anmutenden Quallen über fast unnatürlich farbige Fische bis zu bizarren Seegurken kreucht und fleucht es um uns rum. Fast die ganze Starbesetzung von Nemo scheint hier eine Party zu feiern und wir sind als VIP-Gäste mitten drin. Wir geniessen den ersten Tauchgang bis unsere Körper uns schlotternd zu verstehen geben, dass dies weder unser natürliches Element noch unsere Wohlfühl-Temperatur ist und uns zurück an den Strand spuckt.

Simi und die Ägypter
Simi und die Ägypter - zum zweitenSimi ist ein unfreiwilliges Talent! Mit ihrer hellen Haut scheint sie wie eine Leuchtboje mit der Aufschrift „verkauf mir was“ am Strand zu liegen. Das nutzen die netten und geschäftstüchtigen Ägypter gerne und bieten ihr alle fünf Minuten etwas neues an. Kamelreiten, Schnorchelfahrten, Pyramidenbesichtigungen, Massagen und was weiss ich noch was alles möchten sie ihr nahe bringen. Nicht ein einziges mal werde ICH in der Zeit angesprochen. Ich sehe wohl einfach zu unnahbar oder schlicht zu arm aus.

Simi unterhält sich jedoch immer ganz nett, freundlich und vor allem lange mit den tüchtigen Verkäufern. Dadurch kommen sie auch immer und immer wieder und so haben wir laufend Gesellschaft.

Wir beschliessen dann endlich doch auf eines der Angebote einzugehen und uns einen Schnorchelausflug mit einem Boot zu gönnen. Delfine, einsame Inseln und natürlich wunderschöne Riffe verspricht man uns. Wir glauben kein Wort davon, schauen der Sache jedoch gespannt und freudig entgegen. Schliesslich ist so eine kleine Bootstour an sich auch schon ganz nett. Später wird sich zu unserem grossen Erstaunen jedoch zeigen, dass sämtliche Versprechungen tatsächlich wahr waren! Wer hätte das gedacht. Manchmal sollte man seine Vorurteile einfach zur Seite legen und einfach glauben was einem erzählt wird, selbst wenn es noch so unmöglich klingt.

Schnorcheltrip

Unglaublich! Der Schnorcheltrip übertrifft wirklich alle Erwartungen. Die angepriesenen Riffe sind noch schöner als in der Beschreibung und lassen keine Wünsche mehr offen. Gleich zu Beginn des Trips lernen wir Saskia und Remo kennen, ein aufgestelltes Deutsches Pärchen welches im gleichen Hotel wie wir einquartiert ist. Zusammen lachen und albern wir den ganzen Tag durch und geniessen die wunderschöne Über- und Unterwassergegend.

Bei einem Tauchgang muss ich mich schrecklich über einen Landesvertreter aufregen. Das ignorante Walross latscht mit seinen Flossen ignorant übers Korallenriff, als wäre es sein Wohnzimmerteppich. Ich kann es kaum glauben, ich dachte immer wir Schweizer hätten Manieren. Hier und jetzt, mitten im Roten Meer werde ich eines anderen belehrt und schäme mich für meine Volkszugehörigkeit!

Paralleltaucher in 70-Jahre Design

Zurück am Strand verabreden wir uns öfters mit Saskia und Reno und geniessen den Rest der Ferien in ähnlicher Manier. Wir knipsen fleissig Unterwasserbilder, spielen mit den (glücklicherweise) ungiftigen Quallen rum und albern abends zu Bier und Cola bis in die tiefe Nacht hinein und lassen es uns einfach gut gehen. Was für ein Auftakt meiner Zweijahresferien! Hoffentlich geht es weiter so.

Sonntag, 15. April 2007

Pilgertest im Doppelpack


Auf dem Richtigen Weg
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Der heutige Tag ist wieder mal völlig anders verlaufen als geplant. Er wird mir sogar in schmerzlicher Erinnerung bleiben. Aber dazu später mehr. Markus und ich haben heute unseren zweiten und letzten Pilger-Wanderungstest absolviert. Der erste erfolgreiche Test hätte ja purer Zufall sein können, also mussten wir ein zweites mal los und unsere Pilgertauglichkeit mit Vollpackung auf die Probe stellen.

Der Tag begann diesmal allerdings eher bescheiden, um nicht beschissen schreiben zu müssen. Ich hatte am Vorabend zwar all meine schönen Wander- und Pilgerutensilien bereitgelegt, aber ich wollte den Rucksack erst am Morgen packen. Schliesslich müssen da ja noch die Bratwürste rein. Und die sind ja jetzt noch im Kühlschrank. Das mein Rucksack nicht in den Kühlschrank passt ist klar und die Würste über Nacht einfach an der Wärme zu lassen traue ich mich nicht. Die haben eh schon grüne Pünktchen. Das Etikett behauptet zwar das sei Bärlauch, aber wer glaubt schon dem Etikett!

Um die missliche Packsituation zu lösen, stehe ich am nächsten Morgen zu nachtschlafender Stunde (halb neun Uhr) auf und packe alles ein. Und gleich wieder aus. Mein Rucksack will nicht zu. Ich habe alles versucht. Stopfen, würden, drauf sitzen, zerren, vakuumieren, komprimieren… er – geht – nicht - zu! Ich begreife die Welt nicht mehr, denn vor ein paar Wochen ging das noch und da hatte ich genau gleich viel dabei. Aber da der Rucksack von uns beiden der störrischere ist (und das will etwas heissen!) versuche ich das Problem zu umschiffen, was mir nach einer weiteren halben Stunde packgebastel endlich gelingt.

Inzwischen ist mein Bus natürlich schon weg und der letzte um knapp pünktlich zu sein fährt in sieben Minuten. Dabei wollte ich extra früh am Treffpunkt sein, um Markuses kein neues Futter für sein notorisches Pünktlichkeitsgehabe zu liefern. Mit viel Glück komme ich aber doch noch rechtzeitig beim Treffpunkt an aber Markus ist nirgends. Na toll! Ich hetz mir hier die Seele aus dem Leib und „dör Hörr“ liegt sicher noch wohlig in den Federn. Mitten im Gefluche schellt mein Natel und Markus fragt mich, ob ich die SMS nicht gekriegt habe, welche er mir vor einer halben Stunde geschickt hätte. Er wolle noch eine Latte Machiato trinken. Ich kwängele genervt rum, lasse mich aber dann doch überrede. Kaffee hilft ja vielleicht meine bescheidene Laune aufzubessern. Nach dem Auflegen sehe ich, dass die SMS tatsächlich angekommen ist… grad eben und mit einer halben Stunde Verspätung. Na das fängt ja toll an!


Pilger-Dua
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Nach dem verspäteten Morgenessen geht dann aber plötzlich alles ganz flott. Im Nu stehen wir vor dem imposanten Bau des Benediktinerklosters Mariastein. Wir finden, wir hätten nun unseren ersten Pilgerstempel verdient und ein netter Stempelmönch drückt uns auch tatsächlich einen wunderschönen Abdruck in unseren jungfräulichen Pass, nicht ohne uns viele gute Tipps mit auf den Weg zu geben. Leider sind in der Kirche nicht alle so zuvorkommend wie unser Mönch, denn schon kurze Zeit später werde ich von einer älteren Dame mit einem Stock quasi aus der Kirche geprügelt. Irgendwie hatte ich das mit der Nächstenliebe und Barmherzigkeit anders erwartet, aber man lernt ja nie aus.

Markus hat Hunger. Dabei haben wir den Latte Machiato samt Gipfeli noch nicht mal richtig verdaut. Aber ich will ja nicht so sein und so sitzen wir kurz danach unter den wachenden Blicken von einem Jesus am Kreuz bei Laugensandwich mit Fleischkäse und Senf. Das gibt uns die Kraft, kurz danach einen weiteren Hügel unbeschadet zu überklettern. Die heutige Wanderung scheint jeglichen Hang zur Horizontalen verloren zu haben. Es geht nur fast senkrecht hinauf und kurz danach nicht minder steil wieder hinunter. Wir nehmens gelassen und gackern vor uns hin:
Markus: „Du chasch mit nit zwinge vo Zwinge nach Laufe z’laufe“
Sandro: „Du bisch do ä fertige Kleilützel!“
Markus: „.. und Du bis ä Hofstetter, ä blöde!“
Beide: „*gacker*“

Schon bald genehmigen wir uns unser etwas spätes Mittagessen (inzwischen ist es kurz vor vier) und verspeisen unsere Würste. Meine grün gepunktete Bratwurst wird auf dem Grill komischerweise nur grau. Vielleicht hätte ich sie doch schon am Vorabend einpacken sollen. Aber sie schmeckt dann doch besser als sie aussieht und hilft mir, danach mühelos bis Laufen zu laufen. Markus hat da allerdings genug und wir beschliessen, uns nun fürs erste zu trennen. Bis zur wirklichen Pilgerroute nach Santiago de Compostela werden wir nicht mehr gemeinsam pilgern. Und da ich das erste Stück des Jakobswegs alleine begehe, ist unser Abschied hier fast sinnbildlich.

Wohin soll ich nun? Der Wegweiser schmeisst mir lauter Ortschaften entgegen, die ich noch nie gehört habe. Ausser einer Ortschaft ganz am Schluss, Delémont.

Mein nächstes Ziel
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Die hat auf jeden Fall einen Bahnhof wo am Sonntag spät noch ein Zug fährt. Aber Delémont ist noch vier Stunden entfernt! Vier Stunden!

Na egal, es schadet sicher nicht, wenn ich mich schon vor dem Jakobsweg etwas an meine persönlichen Grenzen heranwage. Zwei Stunden später begreife ich mich nicht mehr und schon gar nicht dieses Grenzerfahrungsgefasel. Irgendwann tut mir nach und nach plötzlich alles weh. Angefangen mit Händen und Füssen, welche sich plötzlich in aufgeblasene Zeppeline verwandelt haben. Ganz schlimm sind die Füsse. Da Zeppeline in Schuhen zu klaustrophobischen Anfällen neigen, fühlte sich jeder Schritt an, als wandle ich barfuss in einem ausgetrockneten, steinigen und glühend heissen Bachbett. Wobei laufen auch nicht ganz der richtige Begriff dafür ist. Meine dumpfen Knie eiern bei jedem Schritt schrecklich umher was meiner Gangart die Eleganz einer besoffenen Giraffe verleiht. Erst als ich beinahe auf eine ansehnliche Schlange zutorkele, verhilft mir das freigesetzte Adrenalin wieder eine einigermassen erkennbare Richtung einschlagen zu können.

Nachdem mir neben den Füssen praktisch jeder mit nerven bestückte Teil meines Körpers wehtut - speziell wenn er mit irgendeinem Teil des Rucksacks in Berührung kam - sehe ich plötzlich einen erlösenden Brunnen vor mir. Wasser ist gut! Wasser hilft immer und so fülle ich meinen Wassersack mit annähernd 2.5 Liter frischen Brunnenwassers. Leider sind das auch wieder 2.5kg zusätzliche Rucksacklast, was mir den Glauben an das Gute im Wasser gleich wieder nimmt. By the way… rund zwei Liter des Brunnenwassers habe ich erst zu Hause ausgeleert. Ich hatte unterwegs keinen Durst mehr. Soviel zum gesunden Menschenverstand.

Eiernd und total geschafft komme ich nach einer letzten Brückenüberquerung dann doch noch in Delémont an und springe beinahe von der Brücke. Ein letzter Wanderwegweiser will mir weismachen, dass es zum Bahnhof „nur“ noch 25 Minuten Gehzeit ist. Ich latsche doch nicht vier Stunden nach Delémont um dann in dem blöden Kaff nochmals fast eine halbe Stunde zum Bahnhof zu wackeln! Das ist nicht fair. Es fährt kein Bus, es gibt hier kein Tram, es hält kein Auto. Es gibt gar nichts, ausser mir, meiner eiernden Knie und einer langen geraden Strasse.

Ich habe es schliesslich doch noch geschafft! In kürzerer Zeit und mit grösseren Schmerzen als ich dachte. Ich habe selten in so freudiger Erwartung einem Bahnhof entgegengefiebert und mein schmerzvolles und unabsichtliches Bussetun wurde mit einem perfekten Timing belohnt. Schon 12 Minunten später raste ich den ganzen Weg nach Laufen und Basel zurück. Nur diesmal im Sitzen und ohne Mühe. Auf nach Santiago de Compostela. Ich bin bereit!

Samstag, 7. April 2007

Ferien! Stillhalten!


Zwei Jahre Ferien
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Nicht einfach! Kaum zu glauben, ausschlafen ist wirklich nicht ganz einfach! Ende März habe ich mein ordentliches Arbeitsleben fürs erste abgeschlossen. Ich habe nun Ferien! Endlich. Oder eben fast unendlich. Zwei Jahre!! Was für ein Gefühl! Eine unglaubliche Zeit liegt vor mir und ich kann sie noch gar nicht richtig erkennen. Noch immer hänge ich im Vakuum und suche mit einer winzigen Taschenlampe nach dem roten Faden. Nicht das mir langweilig wäre. Mir doch nicht! Ganz im Gegenteil. Ich verfalle oft ganz spontan dem blinden Aktivismus. Von einer Stunde zur nächsten starte ich hundert Projekte, um sie zehn Minuten später gleich wieder in den Wind zu schiessen. Weil ich ja Ferien habe. Dann pflanze ich mich mit einem guten Buch auf die Couch und geniesse es einfach, Zeit für so etwas wie "lesen" zu haben.

Die Wahrnehmung meiner Freizeitbeschäftigungen hat sich total verändert. “Lesen“ zum Beispiel, war in den letzten Jahren reserviert für Zeiten zwischen anderen Aktivitäten oder als Beschäftigung vor dem Einschlafen. Mit meinem neuen, randvoll gefüllten Zeitkonto kann ich "lesen" nun einfach einen ganzen Tag lang in den Mittelpunkt stellen. Nichts vorher, nichts nachher, einfach nur lesen. Stundenlang und dazwischen natürlich auch immer mal wieder einschlafen.

Apropos schlafen. Es ist doch etwas wunderbares, wenn man morgens dem Radiowecker mit notorischer Ignoranz begegnen kann. Letztens hat er zwei Stunden lang verzweifelt versucht mich aus dem Bett zu kriegen und es einfach nicht geschafft. Er liegt seither mit depressiven Störungen neben dem Bett und röchelt morgens nur noch frustriert vor sich hin. Auch eine praktikable Lösung!

Inzwischen freue ich mich immer mehr auf den Jakobsweg und auf meinen Aufenthalt in Afrika. Ich spüre die unglaubliche Fülle von Erlebnissen die vor mir liegt und versuche gleichzeitig so wenige Erwartungen wie möglich aufzubauen. Das ist gar nicht so einfach wenn man so viel Zeit zum Nachdenken hat wie ich. Es gibt Freunde die meine Fähigkeiten zum Luftschlossbauen gut kennen und nun sicher ahnen, mit welcher Sorgfalt ich meine Reise-Luftschlösser schon angemalt und verziert habe. Vielleicht sollte ich doch besser einfach wieder lesen, um die Zeit bis zum Start zu überbrücken. Oder noch besser: Ich starte ein paar Probeetappen für den Jakobsweg. Ich könnte ja mal die Dauermarschfähigkeiten meiner Füsse erproben und eine Woche auf einem Schweizer Jakobsweg wandeln. Mit zusätzlichem Gepäck natürlich. Ich habe mal gelesen, dass man neue Brücken testet, indem man vollgeladene Lastwagen drauf parkt. Mal schauen was ich als Lastenbrücke (mit Lowa-Pfeilern) so aushalte.

Sonntag, 11. März 2007

Der Jakobsweg zeigt die ersten Überraschungen


Zwei Pilger am Start
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Heute haben Markus und ich die erste Jakobsweg- Testwanderung gestartet. Wie es sich für alte Männer wie uns gehört, muss man ja vor grossen Exkursionen erst testen, ob alle Systeme noch richtig funktionieren und nicht plötzlich ein Gelenk bei der ersten Bodenwelle aus der Fassung springt. Ausserdem sollten wir im praktischen Feldversuch ja erst erproben, wie unsere vermeintlichen acht Kilo Gepäck sich auf dem Rücken so anfühlen, wenn man sie erst mal ein paar Stunden durch die Gegend getragen hat. Also packen wir ohne Ausnahme alle Utensilien in unsere tollen 35 Liter Rucksäcke und treffen uns zu noch fast nächtlicher Stunde (10 Uhr morgens) im Fumare in Basel.

Nachdem wir gackernd unsere Latte Machiato geleert und uns gegenseitig davon überzeugt haben, dass beide auch wirklich sämtliche Jakobsweg-Utensilien dabei haben, geht’s los. Genau im Winkel von 247° Richtung Santiago de Compostela. Nicht das wir damit rechnen, heute noch bis dort zu kommen… aber man kann’s ja mal versuchen. Und ausserdem ist es ein gutes Gefühl, in eine definierte Richtung zu laufen.

Schon bald merken wir, dass der Jakobsweg grosse Überraschungen für uns bereithält. Und das schon bei der Probewanderung! Mit Überraschungen meine ich nicht die Autofahrer, die mich wild winkenden auf meinen verlorenen Hut hinweisen, den ich schon kurz nach dem Start verliere. Ich meine damit auch nicht das Spanische Konsulat, welches kurz darauf plötzlich zufällig vor uns auftaucht. Was ich wirklich damit meine ist die Frau, welche plötzlich an einem Rotlicht neben uns zu ihrem Begleiter einen Satz spricht, aus welchem Markus und ich ganz deutlich „Santiago de Compostela“ heraus hören. Wie vom Blitz getroffen drehen wir uns zu ihr um und rufen, „genau da wollen wir auch hin“.

Und so ist es geschehen, der Jakobsweg beschert uns nicht einmal einer Stunde nach dem Start unsere erste Pilgerbekanntschaft. Katherina hat den Weg schon zwei (oder warens doch drei??) mal beschritten und erzählt uns begeistert von ihren Erlebnissen. Wir hören fasziniert zu, quetschen sie natürlich gleich aus wie eine reife Zitrone und werden zur Belohnung spontan von ihr zum Essen eingeladen. So geht das also, wenn man auf dem Weg ist!


Markus auf dem Jakobsweg
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Natürlich ist das noch nicht genug, schliesslich sind wir ja künftige Vollblut Pilger und geben uns daher auch nur mit dem vollen Programm zufrieden. Drum kriegen wir kurz darauf die seltene Gelegenheit, den gesamten Jakobsweg in wenigen Minuten von Anfang bis Ende zu durchschreiten. Denn in der nächsten Ortschaft biegen wir plötzlich tatsächlich in eine Strasse ein, welche deutlich mit „Jakobsweg“ angeschrieben ist. Sollte uns das nicht zu denken geben?

Nachdem wir trotz kleineren Hüft-, Knie-, Fuss- und Equipment-Problemen (ich lege mich aus versehen auf das Trink-Ventil meines Camelbags und werde unfreiwillig gebadet) nicht zum Aufgeben gezwungen werden, landen wir schliesslich in Hofstetten und schliessen die spannende Probewanderung erfolgreich ab. Was für ein toller Tag!

Sonntag, 4. März 2007

Stirling und Bloggen


Stirling
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Liebe Freunde: In letzter Zeit werde ich darauf angesprochen, ich solle doch mein Weblog öfters aktualisieren. Nun, mein Tip an Euch: ABWARTEN!! Es gibt noch nicht viel zu erzählen und ich labere Euch den Kopf sicher nicht mit Kleinigkeiten voll, nur um hier was reinposten zu können.

Die Reise hat noch nicht wirklich begonnen, aber bald bald kommt Ihr auf Eure Kosten. Also, schön Ruhe bewahren und Tee trinken. Rom wurde auch nicht auf Zucker gebaut. Ich meine, Morgenstund ist aller Laster Anfang. Ach, Ihr wisst schon was ich meine!

Inzwischen habe ich mein (vermutlich) letztes Projekt bei meinem (Noch-) Arbeitgeber gestartet und werde wohl bald in die erquickende Freiheit frischgebackener Weltreisender entlassen. Die letzte Freizeit vor meinen langen Ferien nutze ich damit, mich näher mit möglichen Solar- und Wind-Technologien für mein Kenia-Projekt zu beschäftigen. In Tat und Wahrheit bedeutet dies, ich fertige technisch komplex wirkende Zeichnungen an und dichte den darauf erkennbaren Einrichtungen magische Verhaltensweisen und die Lösung aller weltlichen Probleme an.

Ich erkläre Kenia kurzerhand zum Energieland Nummer eins, welches mit seinen - durch MICH anno 2007 erstmals eingeführten und erfolgreich unter Afrikanischen Bedingungen getesteten - Solar-Stirling Systemen den Welt-Energiemarkt kräftig aufmischt, alle Öl-Giganten in eine wirtschaftliche Krise stürzt und damit andererseits Afrika zum reichsten Land der Erde macht.

In Folge dieser Entwicklung wird der CO2-Gehalt der Atmosphäre innert kürzester Zeit normalisiert und die Umweltverschmutzung sofort drastisch gesenkt. Die Regenwälder beginnen wieder breitflächig zu wachsen, die Iraner werden plötzlich allergisch auf angereichertes Plutonium und die Weltmeere leiden in 10 Jahren höchstens noch unter übermässigen Fisch- und Wal-Vorkommen. Die wichtigste Frage des 21ten Jahrhunderts wird also sein: Was machen wir mit all dem Fisch!

Natürlich wird die aktive Nutzung der Sonnenenergie auch dazu führen, dass die Erderwärmung innert weniger Jahre wieder auf ein normales Niveau zurückfällt und St. Moritz alle Schneekanonen in überdimensionale Poppkorn-Werfer umbauen kann. Die Gletscher wachsen wieder wie nie zuvor und stossen sogar bis an die Ufer der grossen Weltmeere vor. Jene Gletscherzungen welche dabei die berühmten Badestrände säumen, wird man unterwegs abwechselnd mit farbigem (unschädlichem, zahnschondendem und natürlich abbaubarem) Süssstoff besprühen. Vielleicht ebenfalls mithilfe der überflüssigen Schneekanonen aus St. Moritz. Zum Vergnügen aller kleinen und grossen Badegäste, bilden sich nach einiger Zeit riesige Mengen kostenlosen Wassereises an den Stränden jener Ferienorte.

Dass diese süssen Gletscherzungen auch gleichzeitig als natürliche Wellenbrecher für allfällige Zunamis dienen, versteht sich ja von selber.

Dienstag, 6. Februar 2007

Von Eierköpfen und Traumwelten


Heer der Eierköpfe
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Was macht man mit 9'420'094 überflüssigen Sekunden? Richtig! Man schläft mal wieder so richtig lange aus. Wem das zu langweilig ist, der kann sich auch zur Abwechslung mal in andere Traumwelten vor wagen. Eine Traumwelt wie Second Life (http://www.secondlife.com).
Nachdem ich zum zehnten mal irgendwo gelesen habe, wer nun auch schon alles in der virtuellen 3D-Welt zu finden ist, konnte ich der Neugierde nicht widerstehen.

Ich bastle mir also einen etwas unförmigen Avatar zusammen, nenne ihn „Morpheus Minnelli“ und erkunde neugierig die virtuelle Zauberwelt. Gleich zu Beginn werde ich von schwarzen Tintenfischmonstern als Leibspeise entdeckt. Einzig die virtuelle Unsterblichkeit hält sie davon ab, mein Cyberspace-Dasein nach wenigen Minuten ins digitale Nirvana zu verbannen. Froh den Cybergreifern entkommen zu sein, entdecke ich innert weniger Minuten eine ganze Fülle wirrster Geschöpfe, Objekte und Figuren. Entweder die Benutzer dieser Scheinwelt stopfen sich regelmässig mit LSD voll, oder ein gestörter virtueller Halbgott hat sich hier entgegen allen wissenschaftlichen Erkenntnissen verselbständigt. Es gefällt mir prächtig und ich fühle mich auf Anhieb wohl in der gestörten Welt.

Ich frage mich natürlich sofort, was ich hier in dieser Welt der unbegrenzten Möglichkeiten (ohne kriegsfanatische Buschleute) anfange. Nach kurzem Exkurs entdecke ich die Möglichkeiten, mit Programmierung nahezu alles erschaffen zu können, was mein wirrer Verstand mir als Futter vorwirft. Da muss ich natürlich nicht lange überlegen und bin gleich dabei, mir mein erstes Haustier zu basteln. Ich nenne es „Fub“, was für FurrBall steht. Dies obwohl es zur Zeit noch völlig nackt ist. Wer stört sich hier schon an solchen Kleinigkeiten!

Wie man ein Fell konstruiert ist vorerst noch meinen gebildeteren Avatar-Kollegen vorbehalten. Ich jedenfalls habe davon keine Ahnung. Auch hat mein Schosstierchen noch keinen wesentlichen oder gar erkennbaren Verstand. In der ersten Version kann es nur blinzeln. Später lernt es dann ständig die Welt um es herum zu beobachten. Ich klone das Ding also ein duzend mal und beobachte wie es sich mit Publikum verhält. Es ist zum schreien: Meine glotzenden Biester stossen gleich auf gefallen bei der Second Life Bevölkerung. Obwohl meine digitalen Voieure sie keine Sekunde aus den Augen lassen, fragen mich einige Bewohner wo sie den „Fub“ kaufen können.

Ermuntert durch diesen frühen Erfolg programmiere ich fleissig weiter. In der aktuellsten Version hüpft die Dinger nun sogar munter durch die Gegend. Irgendwie hat mein Geschöpf sich selber beigebracht, wie es um Bewohner herum hüpfen kann. Keine Ahnung wie das funktioniert, programmiert habe ich das auf jeden Fall nicht!

Freitag, 2. Februar 2007

Von Spinnen und Molchen


Überraschung in der Dusche
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Ich behaupte ein offener und geselliger Schweizer zu sein. Natürlich freue ich mich darum auch sehr über Gäste welche mich zu Hause besuchen. Allerdings scheint meine neue Heimat ein paar ganz aufdringliche Burschen angelockt zu haben, die mich ab und zu auch in die Dusche begleiten wollen. Dies ist mir dann doch etwas zu viel Nähe, insbesondere ich die Kollegen ja erst seit kurzem kenne.

Hier stelle ich Euch zum Beispiel meine neue Entdeckung "Hannibal" vor. Hannibal gehört zur Kategorie der "Duschfreudigen Weberknechte" und bevölkert seit kurzem meine Dusche. Ich habe ihn natürlich schon einige male mit sanftem, aber doch bestimmten zureden darauf hingewiesen, dass ich doch lieber alleine duschen möchte. Dies hat er stehts kopfnickend (was bei ihm in einer Wipp-Bewegung endet) bestätigt, sitzt jedoch einen Tag später gleich wieder in der Dusche. Ich werde mir jetzt wirklich langsam rechtliche Schritte überlegen müssen um wieder alleine duschen zu können!

Leider würde das jedoch kaum viel helfen, da es ja auch noch eine ganze Reihe weitere duschfreudiger Kumpanen wie Franz den Frosch und Maurice den Molch gibt. Die zwei Jungs waren den Sommer über regelmässig in der Duschwanne.

Ich werde mich wohl oder übel an die Wannengesellschaft gewöhnen müssen und auch weiterhin aufpassen wo ich beim Duschen hintrete.

Dienstag, 16. Januar 2007

Beim Tropeninstitut


Impfen
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AUAA! Ich, der Held aller Impf-Spritzen wurde heute durch eine äusserst effektive Konfrontations-
therapie von meiner Injektophobie geheilt! Ich bin dafür nun löchrig wie ein Sieb und kann meine Arme kaum mehr bewegen. Aber was tut man nicht alles um seine Ängste los zu werden.

Zu dieser hilfreichen Therapie hat mir eine sehr freundliche Fräulein Med. Cand. Z. des Tropeninstitutes verholfen. Ich nenne Sie der Einfachheit halber Fräulein MEZ.

Fräulein MEZ beteuerte mir immer wieder, dass ich ein sehr spannender Fall sei, weil ich doch alle Länder bereisen werde und das sie halt noch nicht so lange beim Tropeninstitut arbeite. Dies gab mir natürlich das beruhigende Gefühl, sowieso irgendwo an einer unheilbaren Krankheit zu sterben, weil sie mir die einzige wirklich wichtige Impfung zu empfehlen vergass. Vermutlich stand mir dieses Gefühl ziemlich deutlich ins Gesicht geschrieben was Fräulein MEZ damit behandelte, mir sämtliche ihr zur Verfügung stehenden Broschüren über tropische Krankheiten zu überreichen.

Glücklicherweise holte Sie im Verlaufe des Gesprächs dann doch noch Verstärkung von einer etwas erfahreneren Ärztin, welche mich mit dem Satz "Hören sie, wenn sie ein halbes Jahr in Kenia sind, erkranken sie sowieso an Malaria" weiter beruhigte. Ich war aber froh, dass sie das Wort "erkranken" und nicht "sterben" benutzte.

Nach einer halben Stunde umfangreicher und beruhigender Beratung, ging’s dann ans Eingemachte. Eine weitere Ärztin wollte gar nicht mehr aufhören irgendwelche Nadeln in kleine Fläschchen zu stecken und die Impfstoffe wild zu mixen. Ich hätte sie am liebsten gebeten, dass ich den Cocktail doch lieber geschüttelt und nicht gerührt hätte, konnte aber in meiner panischen Erstarrtheit keine sinnvollen Worte mehr formen. Prophylaktisch hat sie mich dann auch noch flach gelegt und den Cocktail an sechs verschiedenen Stellen meiner Arme injiziert. Ich kam mir vor wie ein Kaktus der plötzlich merkt, dass er seine Haut verkehrt herum angezogen hat.

Fassen wir also zusammen: Ich habe das Gefühl jeden Moment aus einem meiner sechs neuen Löcher auszulaufen, meine Arme wiegen inzwischen an die hundert Kilo und ich bin geimpft (zumindest mit Informationen) gegen Typhus, Malaria, Japanische Enzephalitis, Bilharziose, Tollwut, Höhenkrankheit, Durchfall, Dengue-Fieber, Meningokokken, Gifttiere, Zecken und fauliges Trinkwasser!

Gibt einem das nicht ein rundum gutes und sicheres Gefühl (... auch ohne Slip-Einlage)?

Samstag, 13. Januar 2007

Jakobsweg-Planung


Jakobsweg-Planung
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Markus und ich sind fleissig am Planen des Jakobsweg, den wir bald zusammen beschreiten werden. Wir planen natürlich vollprofessionell und absolut strukturiert, wie man dies von uns Senior Consultants gewohnt ist. Wir beginnen mit einem Projektstrukturplan (PSP), analysieren darin die detailliert die ganze Reise, Wägen Risiken und Chancen ab und teilen alles in überschaubare One-Day-Route-Packages (ODRP's) auf. Alles fassen wir übersichtlich in einer SWOT-Analyse zusammen und machen uns sogleich daran den Varianten-Baum auszuformulieren.

Wir möchten Euch diese kreative und mustergültige Arbeit nicht vorenthalten und - ohne damit angeben zu wollen - präsentiere ich Euch hier dieses professionelle Strategiepapier.

Freitag, 12. Januar 2007

Seltsame Dinge


Seltsame Dinge
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Meine Gastfamilie hat hier wirklich seltsame Dinge rumstehen. Das sei anscheinend auch für Kinder geeignet und man tue es in die Nase (na wers glaubt!).

Tatsache ist auf jeden Fall, dass Bea etwa ne Viertelstunde versucht hat das Ding dicht zu kriegen. Es hat immer weiter gerünnt. Manche Dinge sind halt einfach nicht dicht zu kriegen! Wenn dieses Problem zum Glück in den meissten Fällen auch erst viel später auftritt.

Donnerstag, 11. Januar 2007

Ich lerne Hindi!

Hindi ist cool. Nur ist es schwierig dazu den Kopf so zu schaukeln, wie meine Indischen Kollegen es hier tun. Die Gefahr sich dabei den Hals zu brechen ist wirklich gross. Trotzdem habe ich mein erstes Hindi-Vokabular zusammen. Und das noch bevor ich einen Schritt in das Land von Shiva gesetzt habe. Hier meine gesammelten Werke:

Kay sahi lagrahi hai -> She is looking really nice
Tu mazak nahi -> you are not funny
Shubh ahar -> "En Guätä"
Namaste -> Welcome
Jutha -> Liar
Juta -> Shoe
Shukriya -> Thank you
Shak Bhajji -> Vegetables
Nahi -> No
Ha -> Yes
Kal -> Yesterday / Tomorrow (beide Bedeutungen in einem Wort!! :o)

Echt toll! Damit komme ich praktisch überall durch denke ich. Ich muss die Wörter nur kreativ kombinieren. Zum Beispiel so:

Namaste Jutha! Tu Shalc Bahjji mazak nahi!! Shubh lagrahi hai.

Das macht Spass und meine Indischen Kollegen kugeln sich vor Lachen.

Dienstag, 9. Januar 2007

Warten auf den Jakobsweg


Eigentlich wäre der Titel "Warten auf Godot" wohl richtig. Aber ich kenne Godot nicht und habe das Stück nie gesehen und so warte ich halt auf den Jakobsweg. Um mir die Zeit zu vertreiben, habe ich mir schonmal eine Karte davon neben das Bett gehängt. Es gibt ziemlich viele Jakobswege, welche aber nicht so benannt werden dürfen. All die dünnen Linien auf der Karte sind "Wege der Jakobspilger". Eigentlich ist mir das Wurscht, da für mich das ganze wohl eher zum "Weg der offenen Blase" oder "des geschmolzenen Knies" wird. Aber noch sind es über drei Monate, bis ich mit Markus nach Saint-Jean-Pied-de-Port fahren darf. Was für ein Name! Heiliger Hans Fuss aus Hafen. Ob das auch eine versteckte Botschaft enthält? "Hans Fuss aus Hafen". Das heisst sicher: Hans, der Du auf den Jakobsweg gehen wills, bald wird Dein Fuss aussehen wie ein Hafen.

Nun gut. Noch ist es nicht soweit. Also krame ich meine - mit stundenlangen Fischereivergnügen meiner Jugend - erworbene Geduld aus einer einer verstaubten Ecke meines Erfahrungsschatzes und warte. Fünf Minuten später frage ich mich schon wieder, ob die Erfahrung in all den Jahren schon etwas abgenutzt sei und beginne daher aus Langeweile das Buch von Hape Kerkeling zu lesen. Ein wirklich gelungenes Werk - jedenfalls bis zur Seite 60, auf der ich mich nun gerade befinde. Unbedingt lesenswert auch für unpilgrige Zeitgenossen.

Aus purem Zeitvertreib bin ich auch noch etwas krank geworden. Zwar kann mich mein Fiebermesser mit 37.2 Grad Körpertemperatur nur mit schlechten Gewissen für wirklich krank erklären, aber man wird ja anspruchslos in so einer schwierigen Situation. Ausserdem lässt es sich mit Halsweh und dröhnendem Kopf viel besser rumjammern und in Selbtsmitleid versinken. Ich übe mich also tatkräftig darin, gehe Gregor und Beatrice etwas auf den Sack und verbringe einen Tag im Bett.

Um mir das Warten auf die Weltreise etwas zu erleichtern (oder war es erschweren?), habe ich mir einem Weltreise Zeitrechner gebastelt.

Mittwoch, 3. Januar 2007

Jahr des Aufbruchs

Das Jahr des Aufbruchs ist angebrochen! Mit Knallern und Trompeten ist es eingeläutet. Ich wäre froh es hätte gleich mit dem Monat Mai begonnen. Sehnsüchtig erwarte ich den Tag der Abreise. Hier in der Schweiz befinde ich mich auf verschiedenste Weise zwischen Stuhl und Bank. Noch nicht ganz weg und doch auch nicht mehr hier. Ich nutze die Zeit für Vorbereitungen, Ausrüstungseinkäufe und das Lesen von Reiseführern. Ach ja... und für gewisse Länder braucht man ja auch noch ein Visum und die eine oder andere Impfung.