Sonntag, 29. Juni 2008

Neue Freunde im Arakku-Tal


18 12 46.4N, 83 02 18.8 E

Nach einer ziemlichen Irrfahrt bin ich endlich in meiner Waldhütte im Arakku-Tal angekommen. Leider hat mir eine mitreisende Inderin erst die falsche Auskunft gegeben, mein Zielbahnhof „Tyda“ käme erst nach dem grösseren Ort Arakku. Also blieb ich sitzen, worauf mir ein anderer Mitfahrer erläuterte, an Tyda seien wir aber längst vorbeigefahren. Schon vor einer Stunde! Ich müsse zurück nach Arakku und von da mit dem Buss weiter. „Aber wie denn“ fragte ich mich. Wir waren längst mitten im Nirgendwo. „Steigen sie beim nächsten Halt aus und fragen sie den Bahnhofvorsteher. Der erklärt ihnen wie sie zurück kommen“ erläutert mir der nette Herr. Noch beim Aussteigen erklärt mir ein anderer, wo ich ein Taxi kriege und wo ich den Bahnhofvorsteher finden könne. Hilfsbereit sind sie wirklich, die Inder, das muss man ihnen lassen! Selbst wenn sie einem manchmal absoluten Quatsch erzählen, sie meinen es immer gut. Man darf sich halt nicht auf eine einzelne Auskunft verlassen. Am besten frägt man drei unabhängige Passanten und hofft wenigstens zwei gleiche Auskünfte zu erhalten.

Nachdem ich mit zwölf (!!) anderen Reisenden plus meinem riesigen Rucksack im winzigen Motorikscha wieder zurück nach Arakku und im lokalen Bus bis nach Tyda getuckert bin, erreiche ich einige Stunden zu spät aber doch happy meine Waldhütte im Ressort mit dem schreienden Namen „Jungle Bells“. Die Luft ist frisch, feucht und kühl. Überall wimmelt es von Insekten und die hallenden Rufe exotischer Vögel durchdringen den dichten Wald. Es ist wahrlich ein halber Dschungel der das Ressort umgibt. Leider sind auch hier keine einzigen ausländischen Touristen zu sehen und ich bin schon wieder der „Rote Hund“ und werde von vielen neugierigen Blicken verfolgt. Doch daran habe ich mich längst gewöhnt und schnell komme ich mit den anwesenden Indern in Kontakt. Zuerst mit einem freundlichen Taxifahrer, der von einer Indischen Familie gleich für ein paar Tage „gemietet“ wurde und einfach im Taxi übernachtet.

Am nächsten Morgen sitzen am Nachbartisch zwei junge Inder. Der kleinere mit wohl gestutztem Vollbart, etwas traurigem Dackel-Blick und modischer Frisur. Der grössere mit Lederjacke und dem Aussehen eines Indischen Motorradgang-Bosses. Die beiden sind so gegensätzlich das es zum Himmel schreit, sehen aber irgendwie sympathisch aus. Sie haben einen entspannt frechen Umgangston und so kommen wir gleich ins Gespräch. Ich erfahre das die beiden langjährige Freunde sind, zusammen eine Firma gegründet haben und Zack (der kleinere) von Praveen (dem mit Lederjacke) heute Nacht um drei spontan zu einer Motorradtour abgeholt wurde. Zack hätte sich drum grad von seiner Freundin getrennt und jetzt kümmere sich Praveen um ihn. Wie sich das für gute Freunde gehört.

Die beiden wollen zu den Borra-Höhlen, was auch mein Ziel für heute ist und drum schliesse ich mich ihnen freudig an. Wir fahren zu dritt auf Praveens Motorrad zu den Höhlen. Das geht erstaunlich gut! Entweder sind Indische Motorärder anders gebaut, oder Inder benötigen darauf einfach weniger Platz. Jedenfalls ist die Fahrt unterhaltsam und bequem.

Am touristisch wirkenden Eingang der Borra-Caves müssen wir erst einmal abwarten, denn die Höhlen öffnen erst eine halbe Stunde später. Praveen nutzt die Gelegenheit und schläft erst mal nach. Währenddessen haben Zack und ich sehr interessante Gespräch über kulturelle Unterschiede zwischen Europäern und Indern. Zack scheint gut orientiert zu sein. Er erklärt mir viel über den Unterschied zwischen Indischen und Europäischen Ehen. „Too much trying spoils the taste“ findet er. Die Inder seien sich gewohnt, eine Situation als gegeben hinzunehmen und das Beste daraus zu machen. Er persönlich entscheide sich immer nur einmal. Wenn er zum Beispiel seine Freundin nicht zurück bekomme, dann wolle er gar keine Frau. Ich frage ihn, was denn das Problem sei mit seiner Freundin. Sie sei Katholikin und er Moslem, erklärt er mir. Um heiraten zu können, müsse sie konvertieren, was sie aber nicht wolle. Er hätte ihr zwar das Angebot gemacht zuerst nach christlichem Glauben kirchlich zu heiraten und dann zu konvertieren, aber auch darauf sei sie bis jetzt nicht eingegangen. Mit der Zeit merke ich, dass das Problem weniger bei Zack oder seiner Freundin liegt, sondern bei deren Umfeld. Die Familie in die sie eingebettet sind bedeutet ihnen alles. Keiner von beiden will die Gefühle seiner Eltern verletzen und das macht die Situation ziemlich hoffnungslos. Ob sie denn überhaupt heiraten müssen, frage ich ihn. „Kinder ohne heiraten?“ will er entsetzt von mir wissen. „No way. They would kill me!“.

Zack erzählt mir später auch, dass es immer mehr „Love Marriages“ gäbe in Indien und gleichzeitig auch die Scheidungsrate extrem ansteige. Für ihn scheint es gar nicht so einen Unterschied zu machen, ob er seine Freundin nun von ihm, oder von seinen Eltern ausgesucht sei. Er sei nur mit fünfundzwanzig Jahren langsam ziemlich alt und sollte endlich heiraten. Die ersten Bekannten hätten bereits angefangen unangenehme Fragen zu stellen.

Das Geheimnis um „But you can scroll!“

Im Verlauf des Gesprächs über kulturelle Unterschiede lüftet mir Zack auch zum ersten mal den Schleier um ein Geheimnis, welches seit Jahren in meinen Gedanken herum spukt. Vor einiger Zeit durfte ich in einem Projekt mit Indern arbeiten. Wir mussten für eine Bank verschiedene Programme erstellen und ich hatte die Rolle des Projektleiters.
Unter anderem sollten wir ein Programm ausarbeiten, welches in einem Fenster eine Liste zur Überprüfung einiger Daten darstellt. Ich erklärte meinem Indischen Programmierer den Sachverhalt und was das Programm tun soll. Er nickte fleissig, wobei das Indische Kopfgewackel nicht immer eindeutig als „Ja“ zu identifizieren ist und das meines Programmierers eine ganz besondere Knacknuss für mich darstellte. Ich frage also nochmals nach ob er alles verstanden habe. Kopfgewackel. Ich schaute ganz genau hin, war aber immer noch nicht sicher. Erst nach dem dritten Nachfragen entlockte ich ihm endlich ein akustisches „yes“ und damit die Bestätigung das alles klar sei. Er machte sich an die Arbeit.
Nach einiger Zeit rief er mich zu sich, er sei fertig mit dem Programm. Ich sah auf seinem stattlichen neunzehn Zoll Bildschirm ein winziges Fensterchen mit der gewünschten Liste. Leider sah man nur einen kleinen Ausschnitt davon. Ich erklärte ihm also, das Programm sei ja ganz schön und die Daten ok, aber das von ihm programmierte Fenster sei etwas klein. Er hätte doch soooo viel Platz zur Verfügung. Er meinte darauf hin nur ziemlich pikiert „yes, but you can scroll!“.

Damit war das Thema für ihn denn auch erledigt. Ich hätte es ihm das ja nicht so spezifiziert und ich könne mit hin- und her- und rauf- und runterscrollen alles sehen was ich wolle. Also sei das Programm richtig! Es bedurfte beträchtliche Überredungskunst um meinen Inder davon zu überzeugen, das ich gerne ein grosses, übersichtliches Fenster hätte, in dem man die ganze Liste am Stück sehe! Am besten eins, das den GANZEN Bildschirm ausnutzt.
Noch lange war mir unverständlich, wie die Denkweise so unterschiedlich sein kann, wo mir die Ausganslage doch so klar erschien. Warum konnte sich mein Inder nicht in die Situation und Anforderungen eindenken. Die Intelligenz dazu hatte er durchaus.

Zack konnte mir hier nun eine ebenso simple wie einleuchtende Erklärung geben. Inder seien sehr Hierarchiegläubig. Wenn sie nun einen Auftrag bekämen, würden sie genau das erfüllen, was der definierte Auftrag beinhalte. Nicht weniger, aber auch auf keinen Fall mehr. Wenn sie mehr umsetzten würden, wäre das ein klares Signal, dass sie auf den Posten ihres Auftragsgebers scharf seien. Da sie diesen aber nicht durch übermässigen Ehrgeiz verärgern wollen, würden sie die „Provokation“ gar nicht erst in Betracht ziehen. Nur was spezifiziert ist wird auch umgesetzt. Damit ist der Vorgesetzte zufrieden und fühlt sich nicht übergangen.
Mein Programmierer wollte mir also nur den nötigen Respekt zollen und hat mich darum die ganze Zeit wie wild scrollen lassen. Wer hätte das gedacht! Danke Zack, das nächste mal weiss ich Bescheid.

Dienstag, 24. Juni 2008

Die Schwierigkeit in Indien ein Zugticket zu kaufen


17 42 57.6N, 83 17 37.2 E


Nein, es ist nicht überall das selbe und ich will durchaus nicht verallgemeinern. In Mumbai war es sogar erstaunlich einfach. In wenigen Minuten hatte ich mein Ticket. Auch in Hyderabad ging es unindisch schnell und fast unbürokratisch. Der Beamte murmelte zwar was von „write here 2728 and there your passport number and address“, aber als ich das brav und ohne murren machte, stellte er mir umgehend mein Ticket nach Vishakapatnam aus.

Vishakapatnam, ein Ort den man nicht nur schwerlich schreiben, geschweige denn aussprechen kann. Ein Mekka der Tippfehler und und eine Hochburg Indischer Ticketbeamten. Alles begann damit, das ich endlich ein fensterloses Zimmer mitten im schmuddeligen Hafenort gefunden hatte und bar des wenig verlockenden Verlieses schnell weiterziehen wollte.

Ich trampe also in altbewährter Manier im Motorikscha zum Bahnhof und sehe mich erst mal um. Ihr müsst wissen, man kann in Indien nicht einfach in die Schalterhalle gehen und dort sein Ticket kaufen. Schalterhallen gibt es, soviel ich inzwischen gelernt habe, mindestens zwei. Eine, in der man NUR Tickets für den gleichen Tag kaufen kann und eine, in der man Tickets für Folgetage reservieren darf. Eben das Reservation Office. Eigentlich logisch, wenn man's erst mal kapiert hat.

Also betrete ich voller Elan die grosse Halle des Reservation Office, wo mir die drückende, heisse Luft im Innern erst mal die euphorische Reisestimmung nimmt. Vor mir tummeln sich etwa tausend andere Reisende die alle auch ein Ticket reservieren wollen. Schnell wird mir anhand der riesigen Leuchtzifferanzeigen klar, dass das hier nach einem Ticket-System funktioniert. Wie auf der Post. Das ist ja einfach, denke ich mir und ich muss erst noch nicht drängeln, weil mit dem Ticket-System ja alles seine Ordnung hat! Oh wie naiv bin ich doch manchmal.

Bevor man überhaupt ein Warte-Ticket beziehen kann, muss man ein Reservierungs-Formular ausfüllen. Ich habe keine Ahnung wo man das hier kriegt, renne also hin und her wie ein nervöses Huhn und finde zufälligerweise eines auf einer Theke liegen. So mache ich mich fleissig daran alle Daten auszufüllen. Vieles ist einfach. Wann ich reise, von wo und wohin, wie viele Plätze usw. Aha, hier hats sogar ein Feld für die Adresse. Das ist neu! Und eins für die Zugsnummer. Aber ich habe keine Ahnung was für ein Zug das sein soll und schon gar nicht welche Nummer der denn hat. Also mache ich mich auf die Suche nach der fehlenden Information.

An der Wand hängen riesige Tafeln auf denen handschriftlich reihenweise Züge aufgelistet sind. Wie das überdimensionale Tagesmenü eines Restaurants. Die Hälfte davon kann ich nicht lesen, denn alles ist in schnörkeliger Hindi-Schrift. Doch die rechte Seite hilft mir weiter! In leserlichem Englisch steht Zug um Zug an der Wand. Ausser natürlich der Zug den ich nehmen wollte. Der ist nirgends zu finden. Ein Zug nach Arakku gibt es nicht. Wenigstens ist er heute nicht im Angebot. Ich muss wohl etwas anderes bestellen.

In einer Ecke finde ich schliesslich ein Computer. Allerdings sieht der eher aus wie ein uralter, riesiger Taschenrechner und hat nur einen Nummernblock mit den Ziffern null bis neun als Bedienungselement. Ich versuche also trotz der bescheidenen Eingabemöglichkeiten den Computer dazu zu bringen, mir zu sagt welcher Zug von Vishnadingsa nach Arakku fährt. Wer je versucht hat Vishakapatnam mit den Ziffern null bis neun auszudrücken kann verstehen, dass dies ganz und gar unmöglich ist. Ich kriege nicht mal ein „V“ hin. Ja ich wüsste ja nicht mal wie man den doofen Ort mit einer „normalen“ Tastatur schreibt, geschweige denn mit diesem Dings da. Der störrische Kasten will nur immer die Zugsnummer von mir wissen. Ja, DIE könnte ich natürlich mit der Tastatur eingeben. Aber DIE WEISS ICH JA NICHT! So bleiben der Computer und ich also bei der gleichen Frage hängen und ich gebe nach einigen Minuten auf und lasse das Feld auf meinem Formular einfach leer. Vielleicht kann ich ja auch so eine Wartenummer bekommen, mit der ich dann endlich anstehen darf.

Aber wo um alles in der Welt kriegt man eine Nummer zum Anstehen her? Ich suche die ganze Halle nach einem Knopf ab den ich drücken kann. Neugierig verfolgt von den Blicken tausend wartender Inder. Klar, ich könnte jemanden fragen, aber dann müsste ich auch wieder alle obligaten Gegenfragen wie „where do you com from?“, „what's your name?“ und „how many children do you have... WHAT, YOU ARE NOT MARRIED????“. Dafür habe ich genau jetzt aber keine Nerven und suche lieber alleine weiter.

Ah da! An der Wand steht „Get your Token at Counter No 10“. Aha! Man muss dieses Ansteh-Ticket also an einem Schalter lösen! Und da laufe ich auch gleich hin, und.... der Schalter Nummer zehn ist geschlossen. Keine Chance ein „Token“ zu kriegen. Aber beim Schalter Nummer elf tummelt sich eine ganze Menge Leute und einer der Wartenden weist mich auch ungefragt darauf hin, das ich hier mein Token bekäme. Ich muss ihm nicht mal sagen das ich Schweizer bin, Alessandro heisse und tatsächlich mit vierzig Jahren noch NICHT verheiratet bin. Oder nicht mehr. Aber damit würden dann wohl tausend Inder in Ohnmacht fallen und das will ich ja auch nicht riskieren.

Ich stehe an. Nach einiger Zeit des wartens schliesst die korpulente Frau am Token-Schalter einfach das kleine Fensterchen und hängt ein „Closed“ Schild davor. Eine Lautsprecherstimme trötet etwas von „closed for 15 minutes“ und wiederholt es mindestens zwanzig mal. Die ganze Schlange mit mir ist etwas empört und einige klopfen sogar ans Fensterchen. Es nützt alles nichts. Die Schalterbeamtin spielt nicht mehr mit und schwatzt unbekümmert mit ihrer Kollegin. Wie auch alle anderen Schalterbeamten, denn die Pause gilt offensichtlich gleich für alle, ausser für die tausend Inder und den einen Schweizer die weiter warten.

Immer mehr Leute stehen, hocken und dösen in der Schalterhalle. Zehn Minuten, fünfzehn Minuten, zwanzig und da, endlich. Die rundliche Beamtin dreht sich wieder um und nimmt nach einigen demonstrativ gemächlichen Aufräumhandlungen endlich wieder die ersten Formulare entgegen. Nach ein paar Minuten sogar meins. Sie sagt nichts zum fehlenden Zug und heftet ein kleines Zettelchen mit der Aufschrift „Token No 822“ daran.

Fassen wir zusammen: Alles in allem habe ich jetzt vielleicht eine Dreiviertelstunde nur damit verbracht endlich mit anstehen beginnen zu dürfen. Oh wie lob ich mir doch die SBB-Ticket Automaten. Aber ich wollte ja reisen und zwar nicht in der Schweiz, sondern in Indien wo man das halt so macht.

Ich stehe also endlich an. Das heisst, ich setze mich erst mal hin. Ich habe einen freien Sitzplatz gefunden und da die riesigen Token-Anzeigen derzeit bei der Nummer 732 stehen, dürfte es wohl noch eine Weile dauern bis ich an der Reihe bin. Neben mir nimmt ein Inder mit aufgeweckten Gesicht Platz und stellt mir die drei obligaten Fragen. „Switzerland, Alessandro, no wife no kids but a girlfriend“. Warum wollen ALLE Inder immer genau das gleiche wissen? Gibt es in der Indischen Grundschule so etwas ähnliches wie einen obligatorischen „Was-Frage-ich-einen-Europäer“ Kurs?

Als Gegenleistung frage ich ihn nun, wie meine Zugsnummer heisse. Da fahre gar kein Zug hin, meint er. Super! Und wozu stehe ich denn seit einer Stunde an? „1VK“ ruft mir ein älterer Inder zu, der zufälligerweise mitgehört hat. Und zurück hiesse er „2VK“. Na also, der nette Herr ist viel hilfreicher als alle Computer und Menu-Tafeln im ganzen Raum zusammen! Sie sollten besser ihn in eine Ecke stellen und ihm ein Schild mit der Aufschrift „Information“ um den Hals hängen. Dann wäre es auch für Banausen wie mich ganz einfach.

Ich kritzle also „1VK“ ins offene Feld des Formulars und warte. Mindestens weitere fünfundvierzig Minuten, zwei Stromausfälle und ein duzend neue Fragen meines Sitznachbars lang. Stufe zwei: Ob es in der Schweiz kalt sei.. (Token 820) oh und wie warm? (Token 821) das sei aber nicht soo warm im Vergleich zu Indien.. usw. (Token 822). Gott sei Dank, ich bin dran und muss keine weiteren Fragen beantworten.

Ich beschliesse zukünftig schon bei den ersten Fragen anzugeben ich SEI verheiratet und hätte drei Kinder. Nein vier... oder besser fünf! Aber dann käme sicher die Frage warum ich die nicht dabei hätte und dann käme ich etwas in Argumentationsnot. Doch glücklicherweise darf ich ja nun endlich zum Schalter und mich da nochmals anstellen. Zum dritten mal. Denn vor dem angezeigten Schalter mit der rot leuchtenden Zahl 822 ist wiederum eine Schlange entstanden. Allerdings eine ganz kleine und nach ein paar Minuten habe ich auch mein Zugticket. Allerdings bin ich auf der „Waitinglist“. Das heisst es ist gar noch nicht sicher ob ich überhaupt fahren kann. Aber ganz ehrlich, das ist mir im Moment egal. Nächstes mal buche ich ganz einfach im Internet, wo man das Ticke am nächsten Tag zugesandt bekommt. Das geht nämlich auch. Man muss es halt nur nutzen!

Montag, 23. Juni 2008

Kinder des Windes


17 23 11.1N, 78 28 38.5 E

Ich liege in einem Hotelzimmer in irgend einer Stadt in Indien. Diese Stadt könnte genau so gut irgend eine andere sein. Manchmal verlieren Städte ihr Gesicht, oder haben es gar nicht erst herausgebildet. Doch wenn ich genauer hinsehe, hat diese Stadt schon eins. Es ist die Stadt mit der grossen Buddha-Statue mitten im See. Die Stadt mit dem farbigen Markt und den unendlich vielen Motoritschkas. Gelb auf Schwarz sind die Züge des Gesichtes. Doch manchmal verschleiern die Ecken und Kanten des Profils und driften ins Konturlose ab. Der Blick stumpft ab. Es ist nicht die Stadt welche den Eindruck erweckt, es ist der Betrachter der ein Bild zulässt oder es übersieht. Man sieht nur was man sehen will. Die Aufmerksamkeit ist ein Gut das nur Begrenzt zur Verfügung steht.

Von der Macht der Aufmerksamkeit
Es ist spannend zu sehen, wie unterschiedlich ein und dieselbe Strasse auf einen wirken kann. Bei meiner Ankunft war die Hauptstrasse die über einen riesigen Kreisel in die Nähe meines Hotels führt nur eine einzige Lawine des Gestanks, Lärms und viel zu vieler Menschen. Eine sich windende Schlange die mich aufzufressen drohte. Ich reite mit meinen fast dreissig Kilo Gepäck auf ihrem Rücken wie Kapitän Ahab auf seinem Wal. Auf der Flucht vor dem Monstrum und doch verführt es zu bezwingen. Denn nur auf ihr gelangte ich in mein rettendes Hotelzimmer, in dem es ruhig und kühl ist. In dem ein frisch bezogenes Bett und ein Buch auf mich wartet.
Doch nachdem ich mich etwas entspannt habe, zieht es mich doch wieder auf die Strasse. Inzwischen ist es dunkel geworden. Indiens Strassen sind ganz anders wenn sie ins kühle Licht der Nacht getaucht sind. Und jede Stadt enthüllt in der Nacht ihr zweites Gesicht. Mumbai war diesbezüglich nicht gerade mein Favorit. Hydarabad dagegen hat mit der Dunkelheit an Attraktivität gewonnen. Es ist ruhiger geworden, auch wenn der Verkehr nicht wesentlich nachgelassen hat. Aber auch das ist vielleicht eine Täuschung, die wiederum nur von mir als Betrachter ausgeht. Vielleicht ist nicht Hydarabad mit der Dunkelheit ruhiger geworden, sondern ich selber.

Mit der Ruhe kommt die Aufmerksamkeit zurück. Die Details gewinnen an Gewicht. Diese Kleinigkeiten, die einem die Schönheit einer Stadt offenbaren. Dort ein Motoritschka das auf zwei statt auf drei Rädern schräg in der Landschaft steht, damit ein Mechaniker sein Getriebe reparieren kann. Hier ein ganzer Bulk von Bettlern, die einem besonders spendablen Passanten alle gleichzeitig die Hände wie zum Gebet entgegenstrecken. Eine Stadt ist wie eine Frau in die man sich verliebt. Sind es nicht auch da die Kleinigkeiten die das Besondere ausmachen? Der Haaransatz im Nacken, die Stelle wo das Schlüsselbein auf den Hals trifft, ein Punkt auf der Wirbelsäule eine Hand breit über dem Steissbein? Genau in solche Kleinigkeiten verliebt man sich. Wenn man sie denn sieht. Wenn man das Betrachten zulassen kann.

Vom ewigen Aufbruch
Ich lese ein Buch: „T.E. Lawrence: (..)e sieben Säulen der Weisheit“. Einen Teil des Titels kann man nicht lesen, da es mit dickem Verbandspflaster notdürftig zusammengeheftet wurde. Ich habe es überteuert in einem Trödelgeschäft in Hampi erstanden. Doch ich wollte es unbedingt kaufen. Es handelt von „Laurence von Arabien“, wie er mit den arabischen Nomaden gelebt und gelitten hat. Das Thema hat mich sofort gepackt. Im Buchladen wusste ich nicht wieso. Wusste nur, das ich diesen überteuerten Preis von 270 Rupien (etwa sechs Franken) trotzdem bezahlen muss, unfähig ihn herunter zu handeln. Inzwischen dämmert es mir langsam. Der packende Punkt des Buches ist die Schilderungen über das Nomadentum. Das Dasein für den Moment. Das ziehen von Ort zu Ort ohne feste Wurzeln. Es handelt von den Kindern des Windes, die kein Zuhause ihr eigen nennen dürfen, ja es auch gar nicht wollen. Vom schwarz und weiss denken, ohne Kompromisse. Von den Entbehrungen und der Einsamkeit, sowie von den Folgen die solch ein Leben mit sich bringt.

T.E. Lawrence schreibt:„Der Beduine der Wüste, der in ihr geboren und aufgewachsen ist, hat sich mit ganzer Seele dieser für Aussenstehende allzu harten Kargheit hingegeben, aus dem zwar gefühlten, aber nicht bewusst gewordenen Grund, weil er sich in ihr wahrhaft frei findet. Er hat alle materiellen Bindungen, Annehmlichkeiten, Verfeinerungen, Luxus und sonstigen Ballast des Lebens hinter sich gelassen, um dafür eine persönliche Freiheit zu gewinnen, die von Elend und Tod bedroht ist. (...) Sein Leben bietet ihm Luft und Wind, Sonne und Licht, freien Raum und eine grosse Leere. Diese Natur blieb unberührt von Menschenwerk und Gabenfülle: nur den Himmel droben und drunten die jungfräuliche Erde. So kam er unbewusst Gott näher“

In wundersamer Weise hat mich mein Schicksal zu den Meistern meiner Zunft geführt, deren herbe Luft ich ein klein wenig schnuppern darf. Auch wenn mein vorübergehendes Nomadentum ein lauer Abklatsch des Lebens der Beduinen ist, sind da doch Spuren einer Verwandschaft zu erkennen. Manche Gefühle kommen mir bekannt vor die T.E. Lawrence beschreibt, wenn er sie auch in der Reinform, als Essenz erlebt hat. Ich geniesse sie in homöopathischen Dosen, erlebe aber ähnliche Wirkungen auf mein Unterbewusstsein und mein Bewusstsein.
Es sind dieselben Elemente und es spielt keine Rolle ob das ewige Weiterziehen nun in der Wüste, von Stadt zu Stadt oder entlang der Küste Stattfindet. Es ist die Freiheit, Ungebundenheit und schliesslich auch die Einsamkeit die sie mit sich bringt. Die Einsamkeit der ewigen Abschiede, des Weiterziehens und doch nie wirklich Ankommens.

Die Einsamkeit die einen spüren lassen, das sich das kleine im grossen spiegelt. Das wir als Nomaden auf diese Welt gekommen sind. Nichts und niemand erlaubt uns hier ewig zu bleiben. Wir kamen von irgend woher, wurden fortgerissen um auf dieser Welt unseren kurzen Weg zurück zu legen. Selbst dieser Weg ist von verschiedenen Reisen und Stationen geprägt. Jede mit ihrem eigenen Ort. Einem Ankommen, einem Aufenthalt und irgendwann einem Aufbruch und Abschied. Manche Stationen unseres Lebens lassen uns etwas rasten. Andere sind nur von kurzer Dauer und schon bald müssen wir wieder weiter. Oft ins Ungewisse, ob wir wollen oder nicht. Wir alle sind Nomaden, auch wenn wir uns noch so an Orte, Personen oder Dinge klammern. Wir können nichts halten, müssen immer weiter.

Wir alle sind Nomaden. Wir alle sind Kinder des Windes.

Freitag, 20. Juni 2008

In den Tempeln von Hampi


Tempel am Morgen
Originally uploaded by hobbes_ch

15 20 11.0N, 76 27 42.2 E


Nach dem regenreichen Goa zieht mich mein Wanderdrang wieder in Richtung Landesinnere. Weit weg vom Monsun, der aus Südwesten heraufzieht. Aber ich kann ja versuchen ihm in Richtung Nordosten zu entkommen.
Bequeme Reisemöglichkeiten sind in diese Richtung allerdings rar gesät, erklärt man mir in Panaji, meinem Ausgangspunkt für die neue Reise. Züge würden während dem Monsun nicht fahren, schon gar nicht ab Panaji. Und Luxus-Liegebusse gäbe es auch nicht. Nur in der Hochsaison und die sei ja jetzt gerade nicht. Ich könne aber einen der lokalen Busse nehmen. Die seien sehr billig und man müsse auch nicht reservieren.
Pünktlich zur mir unbekannten Abfahrtszeit stehe ich also am riesigen Busbahnhof und versuche im unüberschaubaren Getümmel ein Fahrzeug mit der Aufschrift „Hubli“ zu finden. Hampi, mein eigentliches Ziel kann nämlich gar nicht direkt angefahren werden, sondern ich muss über Hubli nach Hostet und von da mit dem Taxi weiter nach Hampi. Allerdings bringen mich die vielen ähnlichen Ortsnamen und die ebenfalls sehr ähnlichen und noch viel zahlreicheren Busse ziemlich durcheinander und so finde ich erst mal keinen Bus nach Hupi. Oder war es Hospi? Ich frage am besten einen Hampi und der sagt mir dann auch das mein Bus hinter dem Busbahnhof stehe und um neun Uhr zwanzig fahre. Glück gehabt, da steht er tatsächlich und ist auch noch nicht total überfüllt.

Zwei Stunden später haben wir noch nicht einmal die Hälfte der Strecke nach Hubli zurückgelegt, ich habe aber mindestens schon das doppelte meiner Reisegeduld aufgebraucht. Der Bus schlingert und holpert über eine enge und sehr kurvenreiche Passstrasse. Mit ansehnlichem Tempo versteht sich, was sich mit der Zeit auf meinen eh schon angeschlagenen Magen auswirkt. Langsam passe ich meine Gesichtsfarbe dem grün der umliegenden Wälder an und bin nun froh einen Fensterplatz zu besitzen. Die Fensterplätze werden mit fortschreitender Fahrt auch zunehmend begehrter. Ein paar Inderinnen haben trotz unterschiedlicher Herkunft eine ähnliche Farbei wie ich angenommen und hängen nun würgend aus den Fenstern.
Nach viereinhalb Stunden Busfahrt habe ich ziemlich genug von dem Geholper und steige erst mal aus. Auch wenn ich noch lange nicht am nächsten Etappenziel bin. Ich finde jedoch ich verfüge über denLuxus eines grosszügigen Zeitbudgets und kann auch am nächsten Tag mit dem Zug weiter nach Hospet tuckern. Von Bussen habe ich erst mal genug.
Am nächsten Tag sitze ich mit vier gut gelaunten Norwegern im Abteil eines Zugs nach Hospet. Die Jungs kamen direkt aus Goa. Mit diesem Zug. Ich werde niemandem mehr Glauben schenken der behauptet im Monsun würden keine Züge fahren. Ab jetzt bin ich ein notorischer Zugsreisender, denn Züge sind in Indien wirklich die bequemste Art des Reisens. Man hat genug Platz, kann sich meistens sogar hinlegen und wird regelmässig gut verpflegt. Und die paar Rupien mehr ist mir dieser Luxus definitiv wert.

Beim Indischen Onkel Doktor
Nach einer unterhaltsamen und auch noch gemütlichen Fahrt sind Audun, Anders, Frank und ich in Hampi angekommen. Wr nehmen uns zwei Zimmer. Ich schlafe mit Audun im Doppelbett. Man ist unkompliziert und spart damit Geld. Allerdings sehen die drei Norweger in der kommenden Zeit nicht besonders viel von mir, den mein Reich ist wieder einmal die Toilette. Nach diesem erneuten Rückfall wird es mir dann doch zu viel und ich besuche den örtlichen Doktor.

In einem kleinen Sprechzimmer bittet mich der nette Herr (ohne weissen Kittel) Platz zu nehmen. Er hat vor sich, neben den üblichen Arbeitswerkzeugen, eine erstaunlich grosse Zahl Pillen und Tabletten ausgebreitet. Allerdings nur etwa fünf verschiedene Sorten, von denen er mir nach einer sehr kurzen Untersuchung je eine Packung verschreibt. Ich glaube er behandelt alle Patienten mit den gleichen Pillen. Das ist vermutlich praktisch und hilft sicher auch in achtzig Prozent der Fälle. Frei nach Pareto. Achtzig Prozent erfolg mit zwanzig Prozent der Medikamente. Allerdings habe ich einmal gelesen, dass dies bei uns in Europa auch nicht viel anders sei. Die meisten Ärzte würden immer genau die gleichen Medikamente verschreiben. Mein Indischer Doktor hier macht das nur weniger heimlich und oh Wunder, schon einen Tag später geht's mir bedeutend besser. Auch wenn jetzt die Norweger nun schon wieder weg sind. Die habe ich jetzt halt krankheitshalber verpasst. Dafür sind inzwischen Julia und Lorenz im Nachbarzimmer eingezogen. Ein aufgestelltes deutsches Pärchen. Sie studiert Psychologie und er hat vor kurzem in Geschichte abgeschlossen. Wir unterhalten uns prächtig und verabreden uns für den nächsten Tag um gemeinsam die Gegend unsicher zu machen und die Tempelanlagen zu erkunden.

Im Morgengrauen auf den Tempelberg
Bevor ich aber mit Julia und Lorenz losziehe, habe ich mir noch eine spezielle Tour vorgenommen. Ich will mit dem ersten Hahnenschrei auf den höchsten Tempelberg hier in der Gegend steigen und den Sonnenaufgang geniessen. Ich male mir aus, dass der Vogel der im Hof des Hotels haust, sehr genau weiss wann der erste Lichtstrahl den Horizont umspielt und mir somit genau das gewünschte Startsignal gibt.
Am nächsten Morgen, es ist noch stockdunkle Nacht, erwache ich dann auch prompt ob dem lauten Geschrei des nützlichen Gockel-Weckers. Ich taste im dunkeln nach meiner Uhr. Drei Uhr dreiund-zwanzig. Ist denn das Vieh völlig übergeschnappt? Wo bitteschön soll den um diese Zeit der Sonnenaufgang sein? Fluchend lege ich mich wieder schlafen und träume kurz danach von einem dampfenden Hünchencurry. Der Gockel versucht trotzdem noch mindestens vier mal mich aus dem Bett zu kriegen, aber ich traue ihm nicht mehr. Seine Tage sind eh gezählt und ein Hünchencurry kann ja nicht zuverlässig wecken.

Einen Tag später werde ich feststellen, das unser Gockel durchaus richtig eingestellt ist und viele Indische Frauen tatsächlich um drei Uhr dreissig geweckt werden wollen. Diese Zeit scheint genau richtig zu sein, um den Platz vor dem Haus mit Lakshmi einzuschmieren. Einer Mischung aus Kuhdung, Gewürzen, Wasser und weiteren Zutaten. Dies würde dem Haus Glück und Reichtum bringen. Um drei Uhr dreissig? Manche Indische Bräuche werde ich nie verstehen und schon gar nie selber in Erwägung ziehen. Der Gockel gehört in den Topf und basta!

Meine Casio-Armbanduhr wirft mich pünktlich um fünf Uhr aus dem Bett. Gute alte Technik. Eine halbe Stunde später bin ich schon auf dem Aufstieg zum Gipfel. Der Weg führt mich durch halb verfallene, mystische Tempel, die im frühen Morgenlicht ihre ganze Pracht entfalten. Zwischen riesigen, runden Felsen eingebettet prangen die exakt gehauenen Bauten am nahen Berg. Die rechteckigen Säulen sind mit Ornamenten und Darstellungen verschiedener Götter geschmückt. Dazwischen liegen künstliche Wasserbecken, die mit umlaufenden Treppen gesäumt sind. Alle Tempel wurden aus den örtlichen Felsen gehauen, die dabei in rechteckige Stücke gespalten und exakt aufeinander geschichtet wurden. Manche Mauern sind so genau eingepasst, das keine Messerklinge zwischen die Fugen der Steinquadern mehr passt. Und immer wieder Götter-Darstellungen. Mal mit Elefantenkopf, dann wieder als farbige Affengestalt in einem eingelassenen Schrein und mit frischen Opfergaben umgeben.

Die Luft ist rein am frühen Morgen und erlaubt die sonst so überquellende Fülle an Düften einzeln wahrzunehmen. Auch das Licht dämpft die grellen Farben, mit denen Indien seine Besucher überflutet. Indien ist ein Meer der Sinneseindrücke und so manchen Reisenden hat es wohl damit schon überfordert. Der frühen Morgen schont jedoch die Sinne und lässt einen langsam in die wunderbaren Welt eintauchen. Selbst der allgegenwärtige Lärm der Indien sonst so prägt ist zu dieser Stunde nur eine leise Musik. Der Schrei eines Vogels, eine Glocke die fern erklingt und das leise Geräusch des Windes der durch die Bäume am Hang des Tempelberges streicht.

Der Aufstieg
Ich mache mich an den Aufstieg. Lange und mächtige Felsquader wurden hier vor Jahrhunderten geschickt zu Treppen aufgeschichtet. Sie umfliessen die runden Felsen und führen einen sicher nach oben. Kein Mörtel hält die Stufen zusammen. Alleine die geschickte Passform und die Art wie sie sich gegenseitig verkeilen hält sie am Platz. Immer höher führt mich die imposante Treppe. Erst noch zwischen den mächtigen runden Felsen hindurch, die unten noch teilweise überwuchert sind. Weiter oben dann hört der Baumbewuchs auf und die Stufen führen in luftiger Höhe über einzelne Felsen. Ob dem fehlenden Geländer wird mir in dieser Höhe etwas mulmig zumute. Ich konzentriere mich einfach mutig auf die Mitte der Stufen und kletter langsam höher. Stufe um Stufe. Nicht nach unten sehen. Ich mache es doch und muss mich schnell wieder umdrehen. Lieber wieder nach oben sehen. Ja, das ist besser. Hoffentlich bin ich bald da. In manchen Stufen sind Löcher und lassen mich in den Abgrund zwischen den riesigen Felsen sehen. Ich konzentriere mich wieder auf die Stufen und denke nicht mehr an die Löcher. Ob wirklich ein Film des eigenen Lebens vor dem inneren Auge abläuft, wenn man hier runter fällt?

Endlich, ein kleiner Tempelbau erscheint über mir und markiert den Eingang. Ich haste glücklich in das flache Gebäude, welches den ganzen Gipfel umgibt. Nach einigem Umherirren in den verschlungenen Gängen finde ich eine Treppe die aufs Dach des Tempels führt. Dort angekommen werde ich für all die Mühen des Aufstiegs mehr als belohnt. Die Aussicht hier oben ist gewaltig. Im Norden schlängelt sich der Tungabhadra Fluss wie flüssiges Silber durchs grüne Tal. Immer wieder unterbrochen von lockeren Haufen der rotbraunen Felsen, die in den Jahrtausenden aberwitzige Formationen ausgebildet haben. Wie das Spielzimmer eines Riesen liegt das Tal vor mir in der Ebene.

Im Westen reckt sich der über fünfzig Meter hohe Virupaksha-Tempel der wärmenden Morgensonne entgegen. Seine erotischen Verzierungen haben schon manchen Besucher erröten lassen. Die östliche Sicht wird ganz vom Anblick des Vital-Tempels geprägt, der hier eine grosse Fläche einnimmt. Er gehört zum Weltnaturerbe und besitzt, eindrückliche, klingende Säulen. Ein paar Stunden später wird ein Wächter Lorenz, Julia und mir den Klang der Säulen unerlaubterweise demonstrieren. Ein sanftes klopfen mit dem Finger auf die filigranen Säulen erzeugt einen holen, hölzernen Klang. Dabei sind jeweils mehrere Säulen so aufeinander abgestimmt, das ein schöner Dreiklang den Tempelraum erfüllt.
Mein Blick schweift weiter über das weite Tal, das langsam aus dem Schlaf erwacht. Laute Hindimusik ertönt aus Richtung Hampi Bazaar. Überall in der grünen Ebene sind kleinere und grössere Tempel auszumachen. Teils stehen sie alleine, Teils sind sie geschickt in die Felsen integriert. Es würde wohl Wochen dauern , alle Tempel einzeln zu besichtigen. Mir hat schon dieser Anblick von hier oben einen majestätischen Eindruck verschafft, den ich erst mal einige Minuten auf mich wirken lasse.

Der Abstieg
Plötzlich tauchen vor mir ein paar Indische Touristen in Flip-Flop Sandalen auf. Wie sind denn die mit diesen Badelatschen über die Felsen geklettert? Und dann erst noch von der falschen Seite! Sie werden verfolgt von einer grossen Schar kleiner Affen, die sich inzwischen um eine Rolle Kekse versammelt haben und in aberwitzigen Tempo über die fast senkrechten Felsen rennen. Erst da merke ich, das auf dieser Seite ja ein zweiter Weg auf den Berg führt und ich finde es ist in Anbetracht der Touristenschar nun genau der richtige Zeitpunkt um diesen zweiten Weg zu erkunden.

Schon nach wenigen Metern merke ich, das dieser Weg deutlich anders konzipiert wurde als mein Aufstieg. Hier wurden einfach die natürlichen, runden Felsen als Wegführung verwendet und durch einzelne Steintreppen mit einander verbunden. Mit weisser Farbe wurden Linien auf den glatten Fels gepinselt, über die man besser nicht hinaustreten sollte, wenn man des Fliegens nicht kundig ist. Allerdings hätte es diese Markierung für mich nicht unbedingt benötigt. Ich bin in Bezug auf luftige Höhen ein ziemlicher Höseler und krieche daher auf allen Vieren über den runden Fels. Immer schlotternd darauf bedacht, nicht auf den fünfzig Meter tiefen Abgrund zu achten, der mir gleich hinter der weissen Linie bedrohlich entgegen klafft. Warum kannten die Inder das praktische Systems eines Geländers nicht! Oder zumindest eines Halteseils. Aber einen einfach in dieser Höhe über einen runden, rutschigen Fels zu führen und dann auch noch sarkastisch hin zu malen wo's runter geht, das ist dann doch etwas zu viel. Glücklicherweise fängt nun auch noch der Monsun an zu blasen und zeigt mir seinerseits ebenfalls, in welche Richtung ich nicht gehen sollte. Ich will doch einfach nur nach unten, aber bitte kontrolliert und nicht im freien Fall.

Ich will es Euch nicht weiter in die Länge ziehen. Ich bin heil unten angekommen und sogar heute nochmals den gleichen Weg auf den Berg gestiegen. Einfach um es mir zu beweisen. Ätsch. Aber dafür bin ich bei einem ähnlichen Manöver auf genau den gleichen Felsen, wenn auch viel weiter unten im Tal, in den Fluss gefallen. Na lieber nass als tot und schliesslich schien heute ja auch die Sonne und hat alles gleich wieder getrocknet. Was will man mehr? Mehr Indien! Morgen geht's nach Hyderabad.

Mittwoch, 11. Juni 2008

Die wilden Hunde von Arambol


Strand Hunde
Originally uploaded by hobbes_ch


15 41 34.0N, 73 41 50.7 E

In Arambol leben wilde Hunde. Nun gibt es sicher an manchem Indischen Strand ein oder zwei wilde Hunde. In Arambol gibt es jedoch dreissig Stück davon. Grosse, kleine, dicke, schlanke, solche mit langen Haaren und solche mit kurzem Fell und natürlich auch in allen Farben. Vornehmlich aber braune. Und so wild sind sie gar nicht.
Die Hunde leben meistens am Strand und folgen einem vermutlich genau abgestimmten sozialen System. Jedenfalls gibt es erstaunlich wenig Streit unter der Meute. Ausserdem sind sie äusserst schlau und wissen genau, wie sie an etwas fressbares herankommen. Einer hat mir, während ich Petras Knie verarztete, all meine Guezli aus dem Zimmer geklaut! Ich war eine Weile sauer auf ihn. Ich musste ihm aber zugestehen, das er einen guten Sinn für Optionen mit hoher Rendite hatte. Vielleicht hätte er Börsenmakler werden sollen. Er wäre bestimmt erfolgreicher gewesen, als so mancher Finanzspezialist. Jedenfalls hat die Option „Guezli“ für ihn sehr rentiert!
Ich frage den Besitzer der Strandbar, wie denn die ganzen Hunde hier her gekommen seien. „They are wild dogs“, antwortet er mir. Die seien irgendwann einfach hergesträunt. Von überall her. Und manchmal kämen natürlich auch neue auf die Welt. Erst hätte man zwei, dann vier, dann acht. Und so weiter. Seit kurzem dürfen sie sie auch nicht mehr töten. Nur noch kastrieren. Und manchmal käme dann halt auch ein neuer, unkastrierter hinzu und peng, hätte man schon wieder ein paar neue.
Die Hunde leben hier in Arambol in Symbiose mit den Touristen. Während der Hauptsaison sind sie weit über den Strand verstreut. Wie die Touristen auch. Schliesslich sind wir hier nicht an der Riviera. Manche Touristen finden die intelligenten Vierbeiner äusserst putzig und den kleinen schwarz weiss gecheckten Collie-Sennen-Dackel da drüben ganz besonders. Also wird er gestreichelt und der kleine Hund, wir nennen ihn einfach mal „Brutus“, wird sogleich zum ersten Urlaubs-Freund. Von jetzt an folgt Brutus dem Tourist, oder dem Touristen-Pärchen, auf Schritt und Tritt. Bis vors Hotel, wo er vor der Türe schläft und wartet, bis sein Herrchen wieder raus kommt. Er geht mit zur Strandbar und döst unter dem Tisch. Er geht sogar mit ins Wasser, am Strand spazieren und macht all das, was ein braver Hund halt so macht. Bis die Ferien vorbei sind.
Natürlich finden die tierbegeisterten Touristen diesen „Hund auf Zeit“ ganz toll und lassen auch den einen oder anderen Happen „zufällig“ unter den Tisch fallen. Oder sie füttern ihren „Brutus“ gar ganz offiziell. Der Strandbarbesitzer erklärt mir, das manche Touristen sogar ganze Menus für ihre neuen Lieblinge bestellen. Etwas seltsam käme ihm das schon vor, aber was solle er denn machen.
Ich habe mich anfangs gewundert, wieso so ein winziges Kaff wie Arambol im örtlichen Mini-Markt eine so immense Haustierabteilung (spezialisiert auf Hunde, aha!) hat. Jetzt weiss ich es. Und bald weiss es auch jeder neue Tourist im Ort, der jetzt einen Schössling hat.
Während der Monsunzeit leben die ganzen Teilzeithunde im grossen Rudel zusammen und wegen Mangel an freundschaftswilligen Touristen werden nun halt angespülte Fische oder geklaute Guezli gefressen. Und jetzt liegt der Dieb auch noch vor meiner Türe und wartet auf das nächste verletzte Knie. So geht das aber nicht, Brutus! Geh lieber an die Börse.

Montag, 9. Juni 2008

Nichtstun in Goa


Abendstimmung in Arambol
Originally uploaded by hobbes_ch
Vor mir frisst sich das Meer in weissbraunen Wogen ins Ufer. Drei Fischer mit grünen und weissen Wurfnetzen kämpfen gegen das schäumende Monstrum. Unerbittlich werfen sie ihm ihre Netze entgegen. Immer dann, wenn eine neue Welle sich bricht. Das sie dabei etwas fangen habe ich bis jetzt nicht beobachtet. Nur die braune Flut versucht sie zu verschlucken. Doch dann entdecke ich einen zappelnden Fisch im Umhängekorb eines Fischers. Das Meer hat seinen Obolus also doch geleistet. Der Fischer sieht trotzdem nicht unbedingt glücklich aus.

Ich bin in Arambol gelandet. Einer wunderschönen Strandbucht im Norden Goas. Das Ufer ist gesäumt von Fischerhüttchen, Palmen und anderen Bäumen. Das nördliche Ende der Bucht wird von hohen Felsen begrenzt, die im ständigen Kampf mit den Fluten bizarre Formen ausgebildet haben. Das Wasser schiesst in zehn Meter hohen Fontänen an den Felsen hoch. Es Donnert ständig als würde ein Jumbojet landen.

Der Monsun verwandelt die sonst ruhige Bucht in eine kochende Waschmaschine. Der ständige Wind fordert seinen Tribut und reisst so manches Strohdach ins Meer. Viele Hausbesitzer haben vorgesorgt und ihre Häuser mit blauen Planen eingepackt. Wie Geschenke sehen sie aus, die ganzen Bungalows, Strandbars und Ferienhäuschen. Ich hätte den Zeitpunkt der Bescherung gerne erlebt!

Das ganze Dorf folgt architektonisch nicht nicht wirklich einer Linie. Die Häuschen sind bunt zusammen gewürfelt und kleben am unterspülten Fels. Als hätte der Wind sie dort hingetragen und nach Lust und Laune irgendwo fallen gelassen. Eins hier, eins da, eins dort drüben am Strand. Nur immer möglichst nahe am Meer. Während dem Monsun ist diese Platzierung allerdings nicht wirklich verständlich. Die vordersten Häuschen (wie meins) sind jetzt nass, salzig und ohne Strom. Meistens jedenfalls. Wenn der Regen und Wind mal ein paar Stunden nachlässt, fängt es im Versorgungsmasten vor meinem Ressort an zu funken und ich muss meinen Ventilator einschalten. Dies, damit genug „Saft“ über den Funken fliesst. Und schon habe ich Strom. Für ein paar Minuten. Einmal sogar für einen halben Tag! Generator overloaded always. Goa.

Dabei soll es hier un-glaub-lich schön sein. Einer der schönsten Strände Goas, sagt mein Reiseführer. Wie zum Beweis ist da ein Foto zu sehen, mit palmgesäumten, weissen Stränden , ruhigem Meer und enzianblauem Himmel.

Doch irgend etwas in mir sagt mir, dass ich genau das NICHT gebraucht habe. Durch den Regen, den fehlenden Strom und ständigen Sturm vor der Hütte bin ich zum „Nichtstun“ gezwungen. Wollte ich nicht genau das? Wie als Antwort haut es mich am dritten Tag mit Fieber ins Bett. Nun kann ich noch weniger tun. Alles tut mir weh und ich tue mir selber furchtbar leid. Niemand da, der sich um mich kümmert. Ich werde hier sicher nach einigen Tagen auf über hundert Grad aufheizen und dann als mickriges Dampfwölkchen in der Gischt verschwinden. Niemand wird es sehen!
Immer wieder schaue ich auf das Display meines Natels, ob mir nicht doch noch jemand eine tröstende SMS schickt. Herrgot Sack, also irgendwer muss doch an mich denken!

Petras Unfall
Mitten im grössten Selbstmitleid sehe ich Schatten unter Türe und höre leise Stimmen. Die Neugierde reisst mich aus meinen trüben Gedanken. „We need help, an accident happened“ , kommt mir ein bärtiger und ziemlich aufgeregter Hippi mit reichlich Akzent in der Aussprache entgegen. Er wird von seiner Freundin flankiert, die ihn bleich und verwirrt begleitet. „Sprecht ihr Deutsch“, will ich stattdessen wissen. „Ja“ sagen beide und deuten dann ohne Worte auf Petras Knie.

„Was ist denn passiert“ will ich wissen, als ich das aufgeplatzte Knie sehe, aus dem ein steter Schwall von Blut auf meine Veranda pumpt. Ich fand diese Frage durchaus gerechtfertigt, denn schliesslich muss ich erst meinen eigenen Schock überwinden. So viel Blut..., und auch andere Dinge die ich noch nie in dieser Form gesehen habe, sind da an Petras* Knie - beziehungsweise auf meiner Veranda - zu entdecken. Ich kann plötzlich nicht mehr atmen, was die Lage nicht unbedingt entspannt, denn auch das Reden bedarf zumindest einem minimalen Quantum an Sauerstoff.
Ihr müsst wissen, dass ich nicht gerade der Held bin, was das Betrachten von Blut und offenen Wunden anbelangt. Im Nothelferunterricht, in welchem zur Abhärtung diese scheusslichen Unfallbilder gezeigt werden, wurde mir immer speihübel. Ich bin also nicht gerade abgehärtet, was mir in dieser Situation grad unglaublich hilft!

Heinz*, Petras Freund – davon gehe ich jedenfalls aus, denn er benutzt Vokabeln wie „Schnukki“ und „Schatz“ - tänzelt immer aufgeregter um Petra rum. „Soll ich einen Arzt holen? Soll ich ein Taxi rufen“. „Wo soll das denn hinfahren? Hier auf die Klippe oder was?“ denke ich mir. „Was kommt denn da raus? Ist das eine Vene? Da kommt was schwarzes raus!“ ruft Heinz nun noch aufgeregter. Petra sagt nichts. Sie fingert still an ihrer Wunde rum und versucht das was da rauskommt wieder rein zudrücken. Ich erinnere mich schwach an einen Schockzustand der bei Unfällen dieser Art auftreten kann und schicke Heinz ein Taxi holen. So hat er wenigstens eine Aufgabe. Ich kann es ihm allerdings nicht verübeln so nervös zu reagieren. Ich würde in seiner Lage sicher genauso hilflos Rumeiern. Ich komme ja noch nicht mal mit meiner eigenen Erkältung klar!

In einem Geistesblitz dessen Herkunft ich meinem eigenen Schockzustand zuschreibe, kommt mir die Armee-Verbandspatrone Modell A in den Sinn, welche ich nun schon um die halbe Welt getragen habe. Ja, oh du rettende Patrone, nun ist deine holde Stunde gekommen! Ausgerechnet mit einer Armeepatrone verarzte ich einen Hippi. Die Welt ist lustig!

Aber erst versuche ich Petra davon zu überzeugen, dass sie die Wunde nicht mehr anfasst und wasche sie mit Desinfektionsmittel aus. Dieses ist allerdings nicht aus Armeebeständen, sonst hätte mich Petra wohl infolge der brennenden Nebenwirkungen erwürgt. Erstaunlich gut lässt sich die Wunde mit der Armeepatrone verbinden und im nuh sieht alles schon nicht mehr so dramatisch aus. Ich schäme mich während dem Wickeln fast etwas. Wie ich doch vor kurzem noch meinen eigenen Zustand so unglaublich schlimm fand. Und nun sehe ich die arme Petra vor mir.
Heinz kommt nach einigen Minuten zurück. Ich bin froh, denn ich weiss nicht was ich Petra noch anbieten soll, ausser einem Stuhl, etwas Wasser und meiner leintuchweissen Erscheinung. Später fällt mir dann ein, dass ich für solche Situationen homöopathische Notfallkügeli in meinem Rücksack habe. Durch das viele viele Blut wurden jedoch die Notfallkügeli im Rausch meines eigenen Zustands mental glatt ins Meer gespült.

Heinz führt seine Freundin in Begleitung meiner gut gemeinten, aber völlig überflüssigen, Umsorgung auf den Dorfplatz. Hier soll irgendwann das Taxi ankommen. Petra meint etwas enttäuscht: „Ich dachte du hättest das organisiert!!“.

In Anbetracht der weiter Wartezeit muss nun auch ich mich endlich setzten. Mir ist schlecht! Petra ist weiss. Ich bin weiss. Petra übergibt sich diskret ins Gebüsch. Ich schaue weg. Nein, das wäre nun wirklich zu viel. Ich kann nicht immer im Mittelpunkt stehen und überlasse Petra mit einiger Anstrengung sämtliches Mitgefühl der inzwischen umfangreichen Menschenmenge. Mir geht's gut!
Endlich verabschieden mich Heinz und Petra und ich kann zurück in meine Strandhütte, wo ich mich erst mal hinlegen und erholen muss. Ich sinniere und versuche meine eigene Lage zu verstehen. Was für wundervolle Erlebnisse durfte ich doch schon geniessen! Der stetige, heisse Puls Mumbais. Die interessante und durchaus bequeme Zugfahrt von Mumbai nach Arambol. Die ersten lustigen Globetrotter-Bekanntschaften.

Ich versuche wieder ins „Nichtstun“ einzusteigen, aber es will mir immer noch nicht gelingen. Also lese ich etwas in Krishnamurtis Buch.

„Die meisten Leute sind der Meinung, das Lernen durch Vergleichen gefördert wird, dabei ist das Gegenteil der Fall. Vergleichen führt zu Frustration und fördert nur den Neid, der Wettbewerb genannt wird. Wie andere Formen der Beeinflussung verhindert Vergleichen das Lernen und erzeugt Angst.“

Wie viel Wahrheit ich doch in diesem Text sehe. So oft finde ich diese Worte in meinem eigenen Leben bestätigt. Das Erlebnis von heute ist ein weiterer Beweis. Jill, die Künstlerin auf der Ranch, hatte eine andere gute Formulierung dafür:

„Es wird immer schief gehen, wenn man unbedingt die „Credits“ für seine Leistungen ergattern will.“

Wenn ich ehrlich bin, will ich die „Credits“ sehr oft. Besonders in Momenten, in denen ich mich nicht stark fühle. Ja, das kommt durchaus vor, ist aber an ein ständiges Auf und Ab gebunden. Je mehr ich mich der Achterbahn des Lebens aussetze, Herausforderungen zulasse, umso intensiver werden diese Momente. Als Kontrapunkt gehören dazu natürlich auch die überschwänglichen Glücksmomente, die einen grossen Teil meiner Weltreise ausmachen. Doch die sind „einfach“ zu ertragen und fordern nur den Moment voll und ganz zu geniessen.

Die schwierigen Momente wollen volle Aufmerksamkeit. Wenn ich versuche zu flüchten, erzwingen sie es einfach. Ich spüre physische Auswirkungen. Mir wird schlecht, ich kriege Probleme mit dem Magen oder werde sogar krank. Also liege ich flach und muss hinschauen. Und schreibe die Gedanken auf, denn auch das zwingt meinen Geist hin zu schauen.

Doch mitten in all den Gedanken erinnere ich mich an den Ring, der da an einem Lederband um meinen Hals baumelt. Ich nehme ihn in die Hand und schon geht es rasant aufwärts. Du bist plötzlich da. Ja, es ist etwas geschummelt, aber das Leben nimmt sich selber auch nicht so ernst. Und zum „Nichtstun“ ist's noch zu früh.

* Namen geändert

Mittwoch, 4. Juni 2008

Unterwegs in Mumbai

In meinem ersten Hotel ist es heiss, was sich später als allgemein gültige Tatsache ergeben wird. Ich habe ja auch keine Klimaanlage bestellt. Schliesslich muss ich sparen und die vier Franken extra waren meine erste Aktion in diese Richtung. Irgendwie werde ich es schon aushalten, denke ich mir und dampfe wie ein nasses Rinozeross an der Sonne. Es ist zwei Uhr morgens und gemäss meiner Uhr mit Thermometer genau 29.7 Grad warm. Während ich noch überlebe wie ich das aushalten soll, bin ich auch schon eingeschlafen und erwache erstaunlich erholt am nächsten Morgen.
Die ersten zwei Tage verbringe ich damit, die Stadt und die fremde Kultur auf mich wirken zu lassen. Es ist unglaublich laut in Mumbai. Eigentlich sind hier alle Sinne ständig überlastet, nicht nur das Gehör. An jeder Ecke riecht es unterschiedlich und fast immer intensiv. Nicht generell unangenehm, wie ich erst befürchtet hatte, nur intensiv. Intensiv nach Curry, Urin, Müll oder Korreander. Meistens alles gemischt und in Schwaden. Wie Wellen brechen die Gerüche über mich herein. Mal wird mir fast schlecht dabei, dann geniesse ich es plötzlich wieder.

Ähnlich geht es mir mit der Masse an Menschen, die unaufhaltsam durch die Strassen Mumbais quetschen, schieben, rennen, schlendern, drängen. Unglaubliche Menschenmengen, wie ich sie nie zuvor gesehen habe. An jeder Ecke werde ich angesprochen. „Buy this, very good price“. „Please give me money“. „Buy big balloon - bumm“. Ich bin distanziert, überfordert und darum unfreundlich. Entgegen meinem kontaktfreudigen Wesen wimmle ich alle ab. Es ist zu viel und ich kann noch nicht freundlich damit umgehen. Innerlich entschuldige ich mich bei den Inderinnen und Indern dafür. Nein, ihr seit nicht unerwünscht, ganz im Gegenteil. Ihr seit nur gerade etwas zu viel für mich.

Ich gehe an einem nackten Kind vorbei, welches auf dem blanken Boden des Gehsteigs liegt. Es ist vielleicht zwei Jahre alt, schätze ich. Es schläft, als wäre der Gehsteig wunderbar weich und behaglich. „Wird es morgen Schmerzen haben wenn es aufwacht?“ denke ich mir. „Soll ich seiner Mutter Geld geben? Oder ich könnte die ganze Familie in mein Hotelzimmer einladen, schliesslich hat es da noch drei Betten frei!“. Ich verdränge den Gedanken gleich wieder. Ich kann den Menschen hier nicht helfen. Nicht allen. Nicht diesem Kind hier auf der Strasse, nicht jener alten Frau dort, die gerade den Müll durchwühlt. Es sind einfach zu viele. Ich komme mir schäbig vor mit meinem zweieinhalb tausend Dollar Laptop im Rucksack. Wie lange könnte wohl eine Familie hier mit diesem Geld überleben? Drei Jahre? Gar vier?

In den Massen
Einige Strassen weiter wird das Quartier nobler. Ich bin im Kreis des „Gateway of India“. Dem Wahrzeichen von Mumbai. Einem riesigen Basaltbogen der sich am Rande des Meeres auftürmt. Das ganze Viertel wird gerade renoviert. Duzende Steinmetze hämmern auf dem Platz vor dem Triumphbogen an den Steinen für den neuen Bodenbelag. Sie haben Türen als Schattenspender hinter sich aufgestellt. Rhythmisch überdeckt das Hämmern den ständigen Geräuschteppich Mumbais. Auch hier auf dem Platz ist es wieder unerträglich heiss. Die Massen um den Gateway scheinen die Hitze noch zu verstärken. Ich flüchte ins nahe LavAzza Café und bestelle mir einen Café Latte Freeze. Was für ein Kontrast zum überhitzten Mumbai.

Später fahre ich an den Chowpatty Beach, einem beliebten Erholungsort der lokalen Bevölkerung. Der Strand ist von Müll übersät doch trotzdem drängen sich dort tausende von Badegästen und Ausflüglern zusammen. Inder folgen einem stetigen Herdentrieb, egal wie laut oder vermüllt der Ort gerade ist. Inmitten der Massen macht sich langsam ein neues Gefühl in mir breit. Ich fange langsam an zu ahnen, was den Inder so magisch anzieht und aneinander drängt. Ganz sachte fühle ich die Geborgenheit in der Masse. Eine kollektive Freundlichkeit die alles andere überdeckt. Der Lärm verschwindet und ich kann mich einfach treiben lassen. All die versteckten Ängste driften sanft in den Hintergrund. Die Angst bestohlen zu werden, etwas falsch zu machen, nicht zu verstehen, reich zu sein. Grinsend treibe ich in den Massen. Da und dort grinst ein Gesicht zurück.

Plötzlich packt mich eine Frau und deutet mir mit ausladender Gebärde an geradeaus zu blicken. Ich starre verwirrt ins Objektiv einer Kompaktkamera. Die dicke Indische Mama dirigiert ihren Sohn rechts und die Tochter links neben mich. Dann soll ich Lachen. Ich weigere mich nicht, denn ich will mich ja den Gepflogenheiten anpassen. Aber was soll ich wildfremder Tourist denn auf dem Familienfoto? „Where do you come from?“ will die Mama von mir wissen. „Switzerland“ antworte ich brav. Dann sind sie plötzlich alle weg. Ich stehe da wie bestellt und nicht abgeholt, merke aber schon bald, dass das nicht das einzige Erlebnis dieser Art bleiben wird. Auf mindestens drei weiteren Familienbildern werde ich Zwangsintegriert. Und immer ist die Frage meines Herkunftslandes von entscheidender Bedeutung. Langsam habe ich das Gefühl, es hier mit einer Art Trophäenjäger-Brauch zu tun zu haben. Ich nehme mir vor beim nächsten mal jemanden zu fragen.

Elephant Island ohne Elefanten
Wie jeder Tourist besuche ich „Elephant Island“, eine vorgelagerte Insel mit riesigen, von Menschenhand in den Stein gehauenen Höhlen. Darin sind viele sehr alte Shiva-Statuen zu finden, unter anderem auch die Indische Version der Dreifaltigkeit, die Trimurti. Gott wird als Zerstörer, Erhalter und Schöpfer dargestellt. Ich staune über die Künstler, die in einer solchen Affenhitze solch grossartige Skulpturen in den blanken Stein meisseln konnten. Und ich begreife nun auch das Wort Affenhitze besser, denn Affen sind in diesem Brutofen wirklich die einzigen Bewohner. Ausgenommen von ein paar heiligen Kühen die ich plötzlich versteckt in den Höhlen entdecke. Sind diese heiligen Kühe nun hier in den heiligen Stätten weil sie heilig sind, oder nur weil es her ein paar zehntel Grad kühler ist? Und was fressen heilige Kühe in heiligen Stätten? Gar nichts! Sie wiederkäuen, wie ich nach umfangreicher Studie festgestellt habe.

Nach einigem Umhertapsen finde ich einen Weg auf den „Cannon Hill“. Nur sieben Minuten sollen es bis dort oben sein. Das schaffe ich doch glatt, denke ich mir. Ich habe die Rechnung aber nicht mit der örtlich herrschenden Standardtemparatur gemacht, welche bei jedem Schritt in Richtung Gipfel ebenfalls zu steigen scheint. Ich war ganz bestimmt noch nie an einem so heissen Ort, ausgenommen der Finnischen Sauna in Rheinfelden. Die Luft steht. Keine Spur mehr von dem rettenden Lüftchen, welches wenigstens an der Küste die Hitze noch einigermassen erträglich machte. Hier oben ist es einfach nur noch heiss. Mein Tshirt klebt an mir wie die Schutzfolie auf einem neuen Display. Ich keuche und schnaufe, doch es wird nicht besser. Zentimeterweise schleiche ich dem Gipfel entgegen. Ich scheine hier der einzige Tourist weit und breit zu sein. Habe ich irgend ein Schild übersehen? Nicht geeignet für Europäer oder so? Sie werden schmelzen und zurück ins Tal fliessen? Gehen sie nicht ins Licht?

Ich begegne einigen Indischen Touristen und sie gratulieren mir. Wofür? Ich habe keine Ahnung, aber ich denke dass es mit meiner Besteigung zusammen hängen muss. Irgendwie macht es mir auch Mut und nach vielen weiteren mühsamen Minuten (von wegen sieben,... nicht für einen Europäer!) bin ich endlich oben. Der Blick ist überwältigend. Im Westen liegt der riesige Hafen von Mumbai vor mir und die Skyline zieht sich fast von Horizont zu Horizont. Ich geniesse den Anblick, halte es aber nicht zu lange aus, denn es ist einfach zu heiss. Ich kann das ganze ja später auf den Fotos bewundern. Hinter einem kühlen Bier oder so.

Die Rückfahrt mit dem „Deluxe“ Boot (wo genau der Unterschied zu den Standard-Booten sein soll habe ich nicht herausgefunden) ist wenig ereignisreich, wenn auch dank des leichten Lüftchens nun wenigstens temperaturmässig wieder erträglich. Der Kapitän gibt über Funk Klingelzeichen an den Maschinenraum. Zwei „Ping“ bedeutet langsame Fahrt voraus. Drei „Ping“ heisst rückwärts. Doch so sicher bin ich mir nicht, denn zwischendurch klingt es wie auf einem Jahrmarkt. Wie der Maschinist dieses Gebimmel entschlüsseln kann ist mir ein Rätsel. Doch irgendwie scheint dieser damit gut klar zu kommen und wir landen sicher wieder zurück im Hafen vor dem „Gateway of India“.

Ein neues Hotel
Meine Reisegeizigkeit nimmt langsam bedenkliche Formen an und darum habe ich mir auch schon nach zwei Tagen ein neues Hotel gesucht, welches nur noch halb so teuer ist. Dafür mit Gemeinschaftsbad und Toilette und ohne WC-Papier. Wenn man nicht danach frägt, was ich dann doch gemacht habe. Man lernt ja dazu. Weiterer Kommentar ausgeschlossen.
Mein neues Zimmer liegt direkt über dem streng befahrenen Coloba Causeway, was sich mit ununterbrochenen Hup-, Ruf-, Motoren-, Triller- und Sirenengeräuschen bemerkbar macht. Ich lese einen Text von Krishnamurti in welchem er über das „Zuhören“ sinniert. Ja, auch über das Zuhören einer Strasse. „Nur wer sich zwischen das Geräusch und sich selber stellt, der wird es als unangenehm empfinden.“. Oder so ähnlich, ganz genau kann ich mich nicht erinnern, denn ich bin dabei tatsächlich eingeschlafen und habe mich sogar wunderbar erholt. Trotz dem ganzen Lärm und Gestank habe ich bis zehn Uhr morgens durchgeschlafen. Wo gibt es denn sowas? In Mumbai. Dank Krishnamurti!

Als ich dann endlich, wenn auch etwas verschwitzt – und dies trotz dem ich wieder einmal im Adamskostüm und ohne Decke genächtigt habe – aufwache, wird mir schlagartig eine Veränderung bewusst. Hinter dem dunklen Fenster am Kopfende meines Bettes, welches mir in der letzten Nacht sehr friedvoll und vor allem unbelebt erschienen ist, befindet sich nun ein durchaus helles und rege bevölkertes Büro. Vermutlich bin ich hier schon seit Stunden den Blicken einer beachtlichen Besucherschicht ausgestellt, wovor mich auch Krishnamurti nicht retten konnte. Ich mache ein Gesicht wie eine Zitrone und ziehe den Vorhang. Morgen gehts ab nach Goa!

Montag, 2. Juni 2008

In der Pizza Calzone Indiens


Bye bye Switzerland
Originally uploaded by hobbes_ch
„Neun Franken neunzig“ sagt die freundliche Frau hinter dem Tresen. Die freundlich gesprochenen Worte lösen eine spontanen Krampf in meiner Magengengegend aus. Ich habe ein SANDWICH gekauft. Kein ganzes Mittagessen, nur ein Sandwich. Noch nicht mal was zu Trinken. Aber ich bin halt offensichtlich noch in der Schweiz, wo Sandwiches aus Gold gemacht werden und so viel kosten müssen, sonst wäre es eben nicht die Schweiz. Man kann ja auch woanders einkaufen, wenns einem nicht passt. „Mache ich auch“, denke ich mir und ziehe grummelnd mein Portemonnaie. Bald bin ich in Indien und dann werde ich für diesen Betrag ein ganzes Festmahl verdrücken können! Etwas verwirrt stelle ich kurze Zeit später fest, dass das sündhaft teure Sandwich erstaunlicherweise auch sündhaft gut ist. Also wandelt sich mein Grollen in Wohlwollen und ich hebe zufrieden und satt in Zürich ab.

Vier Stunden später mache ich eine erste Bekanntschaft mit Indien. Oder besser, mit Indiens Gepflogenheiten, die in dem hauptsächlich von Indern genutzten Flugzeug fleissig zelebriert werden. Nach dem vierten Getränk schreit meine Blase unüberhörbar nach der Flugzeugtoilette, was auch meinem Sitznachbarn nicht verborgen bleibt und mir den Weg in eben diese Richtung frei macht. Ich trotte also etwas verklemmt aber dafür umso zielstrebiger in Socken Richtung Heck des Flugzeugs und kann – die Götter der fliegenden Toiletten sind mir gnädig – auch schon nach fünf Minuten eine Kabine mein eigen nennen. Doch kaum habe ich sie betreten stelle ich schockiert fest: Der gesamte Toilettenboden ist nass! Nein, das stimmt nicht ganz. Da wo ich vorher mit meinen Socken gestanden bin, ist er nun trocken. Mit wildem Gehüpfe versuche ich dem plötzlichen Wasseraufkommen Herr zu werden, was meine Lage auch nicht wirklich verbessert. Frustriert ändere ich die Strategie und bleibe wie angewurzelt stehen. Dies wiederum gipfelt nun in akrobatischen Übungen mit meiner Hose, um trotzdem meiner inzwischen energisch reklamierenden Blase ihren wohlverdienten Dienst zu erweisen. Auf traditionell Schweizerische Art in das Loch und nicht auf den es umgebenden Boden, wohlgemerkt. Manchen traditionellen Werten bleibe ich treu. Auch auf Weltreise! Indien, ich freue mich auf Dich und ich werde als ersten Akt der Völkerverständigung meine Socken waschen

Im Taxi
Indien empfängt mich schwülheiss, aber unkompliziert. Der Imigrationsprozess geht einigermassen zügig über die Bühne und schon bald stehe ich im Hof vor der Ankunftshalle und suche mir ein Taxi. Der Taxifahrer schickt mich jedoch gleich wieder zurück an einen Prepaid-Schalter, wo man das Fahrgeld vorher bezahlen muss. Wo gibts denn sowas?

Ich bekomme ein Taxi mit einem sehr speziellen Fahrer zugewiesen. Mitte fünfzig, mit Bart und ohne Halsgelenk. Jedenfalls kann er den Kopf anscheinend nicht drehen, sondern bewegt immer gleich den ganzen Oberkörper mit. Vermutlich hat er eine der hier üblichen Wackeldackel-Kopfbewegungen etwas zu heftig durchgeführt und sich das Genick gebrochen. Er erinnert mich an eine Filmfigur, mir kommt nur nicht in den Sinn welche. Frankenstein? Während ich noch darüber nachdenke, frägt er mich nochmals – inzwischen zum dritten mal – wo ich hin will. Na toll. Warum muss man ausgerechnet mir diesen superlangsam denkenden Frankenstein zuteilen. Doch schon bei der ersten Kreuzung stelle ich fest, dass Frankenstein eine sehr seltene Gabe hat. Er kann offensichtlich in die Zukunft sehen und weiss genau, wann welches Gefährt wo auf der Strasse sein wird. Er beherrscht Raum und Zeit wie kein anderer. Ich kann mir nicht anders erklären, wie er sonst mit etwa achzig Stundenkilometern problemlos und locker über die dicht befahrene Kreuzung schiessen kann,... was er soeben tat! Zwischen zwei sich kreuzenden Motorrädern hindurch. Es ist wie bei Patrouit Suisse, nur viel viel enger und schneller. Ich schliesse die Augen und erkläre ihm nochmals wo ich hin will. Rein präventiv versteht sich, nur um sein Gehirn nicht mit unnötiger Fragerei abzulenken.

Draussen schiesst Mumbai an mir vorbei. Die Stadt kommt mir vor wie eine riesige Pizza Calzone. Heiss und vollgestopft, so dass es fast schon Fäden zieht. Auf den Gehwegen liegen überall schlafende Menschen. Die ganze Stadt ist ein einziger Schlafsaal. Hunderte, nein, tausende schlafende Einwohner. Da es wunderbar warm ist, wird keiner der Obdachlosen frieren. Aber was machen die armen Leute wenn der Monsun kommt? Der Taxifahrer hat mir erklärt, dass in zehn Tagen die ganze Stadt bis zu den Hüften unter Wasser sein wird. Freude herrscht! Ich werde mir ein Hotel im ersten Stock suchen!