Mittwoch, 11. Juni 2008

Die wilden Hunde von Arambol


Strand Hunde
Originally uploaded by hobbes_ch


15 41 34.0N, 73 41 50.7 E

In Arambol leben wilde Hunde. Nun gibt es sicher an manchem Indischen Strand ein oder zwei wilde Hunde. In Arambol gibt es jedoch dreissig Stück davon. Grosse, kleine, dicke, schlanke, solche mit langen Haaren und solche mit kurzem Fell und natürlich auch in allen Farben. Vornehmlich aber braune. Und so wild sind sie gar nicht.
Die Hunde leben meistens am Strand und folgen einem vermutlich genau abgestimmten sozialen System. Jedenfalls gibt es erstaunlich wenig Streit unter der Meute. Ausserdem sind sie äusserst schlau und wissen genau, wie sie an etwas fressbares herankommen. Einer hat mir, während ich Petras Knie verarztete, all meine Guezli aus dem Zimmer geklaut! Ich war eine Weile sauer auf ihn. Ich musste ihm aber zugestehen, das er einen guten Sinn für Optionen mit hoher Rendite hatte. Vielleicht hätte er Börsenmakler werden sollen. Er wäre bestimmt erfolgreicher gewesen, als so mancher Finanzspezialist. Jedenfalls hat die Option „Guezli“ für ihn sehr rentiert!
Ich frage den Besitzer der Strandbar, wie denn die ganzen Hunde hier her gekommen seien. „They are wild dogs“, antwortet er mir. Die seien irgendwann einfach hergesträunt. Von überall her. Und manchmal kämen natürlich auch neue auf die Welt. Erst hätte man zwei, dann vier, dann acht. Und so weiter. Seit kurzem dürfen sie sie auch nicht mehr töten. Nur noch kastrieren. Und manchmal käme dann halt auch ein neuer, unkastrierter hinzu und peng, hätte man schon wieder ein paar neue.
Die Hunde leben hier in Arambol in Symbiose mit den Touristen. Während der Hauptsaison sind sie weit über den Strand verstreut. Wie die Touristen auch. Schliesslich sind wir hier nicht an der Riviera. Manche Touristen finden die intelligenten Vierbeiner äusserst putzig und den kleinen schwarz weiss gecheckten Collie-Sennen-Dackel da drüben ganz besonders. Also wird er gestreichelt und der kleine Hund, wir nennen ihn einfach mal „Brutus“, wird sogleich zum ersten Urlaubs-Freund. Von jetzt an folgt Brutus dem Tourist, oder dem Touristen-Pärchen, auf Schritt und Tritt. Bis vors Hotel, wo er vor der Türe schläft und wartet, bis sein Herrchen wieder raus kommt. Er geht mit zur Strandbar und döst unter dem Tisch. Er geht sogar mit ins Wasser, am Strand spazieren und macht all das, was ein braver Hund halt so macht. Bis die Ferien vorbei sind.
Natürlich finden die tierbegeisterten Touristen diesen „Hund auf Zeit“ ganz toll und lassen auch den einen oder anderen Happen „zufällig“ unter den Tisch fallen. Oder sie füttern ihren „Brutus“ gar ganz offiziell. Der Strandbarbesitzer erklärt mir, das manche Touristen sogar ganze Menus für ihre neuen Lieblinge bestellen. Etwas seltsam käme ihm das schon vor, aber was solle er denn machen.
Ich habe mich anfangs gewundert, wieso so ein winziges Kaff wie Arambol im örtlichen Mini-Markt eine so immense Haustierabteilung (spezialisiert auf Hunde, aha!) hat. Jetzt weiss ich es. Und bald weiss es auch jeder neue Tourist im Ort, der jetzt einen Schössling hat.
Während der Monsunzeit leben die ganzen Teilzeithunde im grossen Rudel zusammen und wegen Mangel an freundschaftswilligen Touristen werden nun halt angespülte Fische oder geklaute Guezli gefressen. Und jetzt liegt der Dieb auch noch vor meiner Türe und wartet auf das nächste verletzte Knie. So geht das aber nicht, Brutus! Geh lieber an die Börse.

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